Super-Chaos in Super-Behörde: Jetzt schmeißt der Chef hin!
Betrieb Service Öffentlicher Raum („SÖR“): Werkleiter Ernst Appel geht nach Frankfurt – und hinterlässt eine Großbaustelle. Bürgermeister Horst Förther sucht nun hektisch einen Nachfolger.
NÜRNBERG Auch das noch! Als ob die neue städtische Superbehörde Betrieb Service Öffentlicher Raum (SÖR) nicht schon genug Probleme hätte mit der Verwendung von Tropenholz bei Parkbänken und der falschen Programmierung von Parkscheinautomaten. Jetzt wirft auch noch der Macher des Zusammenschlusses von Straßenreinigung, Tiefbau- und Gartenbauamt hin. Ernst Appel (54), kaufmännischer Werkleiter des Betriebs mit 860 Mitarbeitern, verlässt SÖR in Richtung Stadtentwässerung Frankfurt. Und er hinterlässt in Nürnberg eine Großbaustelle in einer kritischen Phase. Super-Chaos in der Super-Behörde...
Wie wichtig diese Personalie im Rathaus genommen wird, zeigt schon die Tatsache, dass OB Ulrich Maly höchstpersönlich versucht hat, Appel umzustimmen. Ein Vorgang, der bei der Stadt höchst selten vorkommt. Doch es war vergeblich. „Die Frankfurter zahlen ein Salär, bei dem uns die Augen tropfen“, sagt ein intimer Kenner der Materie. Und der SÖR-Chef, Bürgermeister Horst Förther, gesteht ein: „Wir haben einfach nicht die Möglichkeit, mehr Geld zu bezahlen.“
Förther ist nun auf hektischer Suche nach einem Nachfolger für Betriebswirtschaftler Appel, der die gesamte SÖR-Neuorganisation entscheidend entworfen hat. Gefragt ist vor allem Durchsetzungskraft. Denn der Neue muss es schaffen, aus den einzelnen Ämtern, die häufig noch unorganisiert nebeneinander her arbeiten, ein effizientes Ganzes zu machen.
Die Politik im Rathaus ist zum Erfolg verdammt. Sie war angetreten mit dem Versprechen, dass mit SÖR die Sauberkeit in der Stadt besser, der Service für die Bürger schneller und alles außerdem auch noch viel kostengünstiger wird. Begonnen hat die Neuorganisation vor einem Jahr. Im Bereich der Bürgerämter am Stadtrand gehen die früheren Gartenbauer und Straßenreiniger bereits gemeinsam auf Kehr-Streife.
„Die Kulturen in den einzelnen Ämtern sind schon noch sehr unterschiedlich“
Hier klappt, was sich in der Innenstadt noch zeigen muss. „Es ist längst nicht so, dass wir die kritische Phase schon hinter uns haben“, sagt Förther. Auch wenn das Appel vielleicht anders sehe.
Erst wenn am Pferdemarkt das gemeinsame SÖR-Zentrum entsteht, sagt Förther, kann auch zusammenwachsen, was zusammengehören sollte – aber was noch lange nicht gemeinsam fühlt. Förther: „Die Kulturen in den einzelnen Ämtern sind schon noch sehr unterschiedlich.“ Es gebe noch viel zu viele Ecken und Kanten, um von einem reibungslosen Betrieb sprechen zu können, heißt es im Rathaus. Als Beispiel wird genannt, dass die einen zur Brotzeit immer in den Stützpunkt einrücken, während die anderen vor Ort vespern.
Doch frühestens 2011 wird die SÖR-Zentrale fertig sein. „Dann können wir richtig vom Zusammenschluss profitieren und die Qualität unserer Leistungen verbessern“, sagt Förther. Außerdem könne dann auch gespart werden, weil etwa Doppelarbeiten wegfallen. 35 Jobs sollen abgebaut werden. Allerdings wird niemand entlassen. Freiwerdende Stellen werden jedoch nicht mehr neu besetzt.
Auf die Besetzung der kaufmännischen Werkleiterstelle kann Förther aber nicht verzichten. Der frühere Stadion-Manager Karlheinz Kubanek, ist als technischer Werkleiter voll eingespannt. „Wir brauchen jetzt jemanden, der anpackt und den Mitarbeitern sagt: Wir sind Nürnberg!“
Dieser Krisenmanager muss jetzt schnell gefunden werden. Sonst scheitert das ehrgeizige Experiment. Und die Super-Behörde wird zur Chaos-Truppe!
Michael Reiner