Suche eingestellt: Frau aus Bayern im Iseosee vermisst – auch die Hundestaffel kann sie nicht finden

Eine Frau aus Bayern stürzte in den Iseosee und gilt seither als vermisst. Die Technische Hundestaffel aus Starnberg ist nach Italien gereist, um die 20-Jährige zu suchen. Ein Einsatz zwischen Hoffnung und Ernüchterung.
von  Rosemarie Vielreicher
Kai Einfeldt mit seiner Hündin Nala.  Die speziell ausgebildeten Hunde können "Höchstleistung" erbringen.
Kai Einfeldt mit seiner Hündin Nala. Die speziell ausgebildeten Hunde können "Höchstleistung" erbringen. © Technische Hundestaffel/privat

Regensburg/Pisogne - Es ist ihre letzte Hoffnung. So formuliert es die Familie von Chiara L. aus dem Landkreis Regensburg. Sie wünscht sich nichts mehr, als die 20-Jährige endlich nach Hause zu holen und sich von ihr würdig zu verabschieden, ihrem "Sonnenschein" die letzte Ruhe zu geben. Die junge Frau war im September im Iseosee in Italien von einem Boot aus ins Wasser gestürzt. Seither fehlt von ihr jede Spur. Sie muss irgendwo in den Tiefen dieses Sees sein. Nur wo?

Ihre Familie beschreibt das Urlaubs-Unglück am 1. September auf der eingerichteten Spenden-Seite so: "An jenem Abend stand Chiara am Bug des fahrenden Sportbootes und fiel plötzlich ins Wasser. Ihr wurde zum Verhängnis, dass sie sich vorne befand, dass das Boot fuhr, dass es schon dunkel war und das Wasser an der Stelle sehr tief ist. Sie haben nach ihr mit Hubschraubern, Booten, Tauchern, Sonargeräten und Unterwasser-Kameras gesucht." Ohne Ergebnis.

Als die AZ im Herbst über den Fall berichtete, nannte ein Leser schon damals eine besondere Gruppe auf zwei und vier Beinen, die möglicherweise helfen könnte. Genau diese ist vergangene Woche angerückt.

Die Technische Hundestaffel aus Starnberg ist mit drei Hunden im Einsatz

Die Technische Hundestaffel e.V. aus Starnberg ist ehrenamtlich mit drei ausgebildeten Vierbeinern nach Italien gereist und suchte seit Donnerstagmorgen nach Chiara – der erste Auslandseinsatz, wie es auf der Facebook-Seite des Vereins heißt. Kai Einfeldt (55) ist mit seiner Labrador-Hündin Nala (11) dabei gewesen und sagte noch am Freitag zur AZ: "Die erfahrensten Hunde sind im Einsatz. Mit ihnen haben wir die größte Hoffnung." Denn so viel war allen von Anfang an klar: Dieser Einsatz ist anspruchsvoll und schwierig.

Die vermisste Chiara.
Die vermisste Chiara. © Gofundme/privat

Seit 25 Jahren arbeitet der 55-Jährige nach eigenen Angaben schon mit Rettungshunden. Während er mit der AZ telefoniert, geht er mit seiner Nala spazieren – die Such-Arbeit ist an diesem Nachmittag bereits abgeschlossen. Pause für die fleißige Hündin. Die ist scheinbar weiterhin neugierig und aktiv, ein paar Mal ist zu hören: "Nala, komm wieder raus da" oder "Naaala". Mit einem liebevollen Ton, versteht sich.

Der Einsatz mache den Tieren zwar Spaß, so der Ehrenamtliche, sei für sie aber auch "Höchstleistung". Er ist demütig angesichts dessen, welche Leistung sie imstande sind zu erbringen.

Nach zweieinhalb Jahren konnten sie noch eine Person finden

Er erklärt das Prinzip: "Wir suchen nicht mit Leichensuchhunden." Sondern: "Unsere Hunde sind auf Individualgeruch trainiert. Das heißt, die Hunde bekommen immer ein Kleidungsstück oder einen Gegenstand der vermissten Person und suchen diese dann." Und das, obwohl die 20-Jährige schon seit vergangenem September vermisst ist und der Geruch an ihrer Kleidung – so meint man – verblasst sein müsste. "In unserer Vorstellung ist das ein extremes Problem, aber für die Hunde ist es anscheinend gar keines."

Vier Jahre dauere die Ausbildung der Tiere mindestens. Seinen Angaben zufolge ist diese Spezialisierung auf die Suche mit Hunden auf dem Wasser einzigartig. Die am längsten vermisste Person, die sie mit dieser Methode bisher aufspüren konnten, war bereits zweieinhalb Jahre vermisst. Im Forggensee.

In den bisherigen drei Jahren hätten sie auf diese Weise neun vermisste Menschen gesucht und gefunden. Dementsprechend hoch war die Hoffnung auch im Fall Chiara. Allerdings: "Das Tiefste, was wir bisher hatten, waren 42 Meter."

Frau aus Bayern am Iseosee vermisst: Bei der Suche wurde menschlich und technisch alles gegeben

Der Iseosee im Norden Italiens, rund 50 Kilometer von Bergamo entfernt, ist aber ein tiefes, schwieriges Gewässer mit viel Geröll, wie Einfeldt beschreibt. Immer vormittags sollte nach Chiara gesucht werden, "solange wir keinen Wind haben". Pro Hund könnten sie zweimal 30 Minuten suchen. Dabei fahren sie auf einem Boot über das Wasser, der Hund ist an Bord und versucht, den Geruch aufzunehmen. Das haben die Tiere auch getan – rund 50 Markierungspunkte seien gesetzt worden, sagt Einfeldt am Dienstag. Das bedeutet, dort haben die Hunde den Geruch wahrgenommen. "Das heißt aber nicht, dass die Person dort liegt. Das heißt nur, dass dort der Geruch hochsteigt. Je tiefer, desto stärker ist der Versatz."

Bestenfalls hätten die Hunde einen Anhaltspunkt liefern können, wo dann die Einsatzkräfte aus Italien mit ihrer Technik gezielt nach der verunglückten Bayerin suchen können. Doch am Dienstagvormittag geht Einfeldt gleich ans Telefon, als die AZ erneut durchklingelt. Müsste er nicht gerade bei der Suche sein? Er hat schlechte Nachrichten, die alle erst einmal verdauen müssen. Seit wenigen Stunden ist klar: "Unsere Suche mit den Hunden ist beendet."

Am Montagabend sei der Einsatz von offizieller Seite eingestellt worden. Die erarbeitete Stelle im See ist ihm zufolge nahezu unmöglich, technisch abzusuchen. Einfeldt vergleicht es mit einem Tornado, der normal nach oben steigt. "Das Gleiche haben wir in dem Suchbereich, wo die Hunde anschlagen, nur nach unten in den See hinein." Der Strudel könne den Geruch aus einem Umkreis von fast 250 Metern dort hineinsaugen.

Ist er enttäuscht? "Ja." Man habe sich natürlich gewünscht, dass die Familie Chiara mit nach Hause nehmen und sich verabschieden könne. "Wir haben alles, was wir hatten, menschlich wie technisch, in diesen Einsatz hineingeworfen."

Vermisste Chiara L.: Die Familie will die Spenden an die Hundestaffel geben

Aber die bittere Erkenntnis: "Die Natur macht uns einen Strich durch die Rechnung. Wir müssen das in dem Fall akzeptieren." Aber der 55-Jährige nimmt auch etwas Positives mit: "Die Italiener haben von ihrer Seite alles, was machbar war, gemacht. Die Zusammenarbeit war hervorragend."

Die Familie schrieb auf der Spendenplattform Gofundme: "Wir möchten gerne diesen Einsatz der Technischen Hundestaffel e.V durch diese Spende finanzieren. Das restliche Geld, auch wenn Chiara nicht gefunden werden sollte, kommt dieser Organisation zugute. Ihre Einsätze sind freiwillig und das Geld wird auch für neue Ausrüstung und Reparaturen benötigt. Dadurch wird auch den nächsten Familien geholfen, die diese Art der Unterstützung brauchen."


Die Spendenseite: www.gofundme.com/f/wassersuchhunde-suchen-nach-chiara-weiter-letzte-hoffnungwww.gofundme.com

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