Sturm, Sonne und Strand-Banane bei "Rock am Ring"

Nürburg (dpa/lrs) - Claudia schwärmt: "Super Stimmung, eine große Gemeinschaft, fast wie früher bei Flower-Power." Ihre Freundin Nancy sagt am Sonntag: "Jetzt ist auch das Wetter traumhaft." Die Besucherinnen aus Hamburg sprechen für viele: Laut Veranstalter haben rund 85 000 Fans am Pfingstwochenende mit "Rock am Ring" ein schönes und friedliches Open-Air-Fest gefeiert, etwa 15 000 mehr als im Vorjahr.
Neben den etwa 75 Bands auf drei Bühnen hat diesmal auch das Wetter in der Eifel gut mitgespielt - abgesehen von Sturmböen in ersten Nacht. Geregnet hat es wenig. Der Einsatzleiter der Polizei, Manuel Wehrmann, zeigt sich "sehr positiv gestimmt": Nur zwölf Körperverletzungen, 31 Diebstähle und 13 Verkehrsunfälle seien bis Sonntagnachmittag registriert worden.
Nach Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes waren in der Nacht zum Samstag die Gewitterwolken ohne Blitz und Donner am Nürburgring vorbeigezogen. Das private Internet-Wetterportal wetter.net hatte am Freitag sogar gewarnt: "Wahrscheinlich wird das Festival "Rock am Ring" zeitweise abgebrochen werden." Ein Fehlalarm - dabei hat das Festival in früheren Jahren tatsächlich schon viele Gewitterverletzte erlebt. Einmal ist es auch wegen eines im Nachhinein falschen Terrorverdachts geräumt worden.
Diesmal machen allerdings in der Nacht zum Samstag heftige Windböen Zehntausenden Besuchern auf den riesigen Campingplätzen zu schaffen. Veranstalter Andre Lieberberg sagt später, eine Evakuierung sei für "eine Windstärke über neun" vorbereitet, aber dann glücklicherweise doch nicht nötig gewesen.
Am Samstagmorgen frühstücken manche Fans unter dem Gestänge ihrer Partyzelte ohne Zeltplane. Enno aus Heinsberg in Nordrhein-Westfalen sagt: "Wir haben die Plane lieber gleich zur Sicherheit abgemacht." Sein Kumpel Till ergänzt: "Ich habe mit Ohrenstöpseln geschlafen, weil der Wind so laut war." Manche kleinere Zelte sind notdürftig mit Klebeband repariert, manche Partyzelte vollends zerfetzt worden.
Am Samstag und Sonntag gibt es ein Wechselspiel aus Sonne und Wolken. Die niedrigen Eifel-Temperaturen steigen langsam. Besonders stimmungsvoll ist die Kulisse in der Abendsonne: Neben den grünen Eifel-Bergen und der mittelalterlichen Nürburg und unter rötlich angestrahlten Wolken und der Mondsichel sorgt am Samstag etwa Feine Sahne Fischfilet für Höllenstimmung an der Grand-Prix-Strecke.
Die Mecklenburger Punkband lässt Feuerwehrleute Pyrotechnik zünden, mutige Fans reiten auf einer aufgeblasenen Strand-Banane über das Publikum. Frontsänger Jan "Monchi" Gorkow hat zuvor gerufen: "Die Ossis haben Euch Bananen mitgebracht." Er schreit: "Tanzt miteinander, nicht gegeneinander!" - und immer mehr Tanzinseln bilden sich in der Menschenmenge.
Die Folk-Punk-Band Dropkick Murphys übernimmt die Hauptbühne mit Anklängen an traditionelle irische Musik - auch mit Akkordeon, Flöte, Banjo und Dudelsack. Dann folgt die Metal-Band Bring Me The Horizon. Da lässt sich auf einer Dachterrasse auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) blicken. Den Schlusspunkt auf der Hauptbühne setzt am Samstagabend die Punkband Die Ärzte - Zehntausende singen ihre deutschen Texte mit.
Am Freitagabend haben unter anderem die Alternative-Rock-Band The Smashing Pumpkins und die Metal-Band Tool den vorwiegend jungen Besuchern aus dem In- und Ausland eingeheizt. Zur Schlussrunde am Sonntag gehören laut Programm die Comedy-Band Tenacious D und die US-Metal-Band Slipknot.
Viele zieht es auch zu den beiden etwas kleineren Bühnen, etwa zu den für Sonntagabend angekündigten Deutschrappern Marteria und Casper. Hier ist auch Ungewöhnliches zu hören und sehen, beispielsweise am Samstag die mongolische Band The Hu mit einer zweisaitigen Pferdekopfgeige und hämmernden Bässen sowie die schwedische Power-Metal-Band Sabaton mit einer Vorliebe für Militärgeschichte: Der Schlagzeuger spielt an einer Art Kriegsgeschütz, viel Pyrotechnik leuchtet im Dunklen auf.
Laut Veranstalter sind am Nürburgring insgesamt rund 2000 Ordner, Polizisten und Sanitäter im Einsatz. In der Regel treten die Musiker im Wechsel mit dem gleichzeitigen Zwillingsfestival "Rock im Park" in Nürnberg auf.
Und "Rock am Ring" vom 5. bis 7. Juni 2020? Einen Headliner verrät Andre Lieberberg diesmal noch nicht - verweist aber auf ein Jubiläum: Dann wird das erste Spektakel "Rock am Ring" bereits 35 Jahre her sein.