Sturm fegt Zug vom Gleis
Unwetter in Franken: Ein 33 Tonnen schwerer Güterwaggon wurde„umgeweht“ – 28 Kids mussten aus ihren Ferienzelten in Ochsenfurt evakuiert werden
MÖRLBACH/OCHSENFURT Ein heftiges Unwetter tobte am Freitagmorgen über Mittelfranken, schwere Sturmböen deckten Dächer ab, entwurzelten zahlreiche Bäume und fegten sogar einen 33 Tonnen schweren Doppel-Güterwaggon bei Mörlbach (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) aus den Gleisen.
Der Zug mit 23 Wagen war mit Autoteilen von Braunschweig nach Ingolstadt-Nord unterwegs. Gegen 2.30 Uhr früh tobten Gewitter mit Starkregen über dem Gebiet bei Mörlbach. Der Lokführer, der das Tempo bereits verringert hatte, hörte plötzlich einen lauten Schlag – und erlitt einen Schock: Der leere Vierachser-Güterwaggon direkt hinter dem Führerstand war umgekippt und lag auf dem Nebengleis!
„Das muss schon ein Mini-Tornado gewesen sein“, sagte ein Meteorologe zur AZ. „Tonnenschwere Güterwaggons umzustürzen, das schaffen selbst schwere Windböen mit einem Tempo von über 100 Kilometern pro Stunde nicht.“
Der Bundespolizei, die das Gebiet überflog, bot sich denn auch ein Bild der Verwüstung: abgedeckte Hausdächer und etliche entwurzelte Bäume, die die Straßen versperrten. „So eine Verwüstung hatten wir bislang noch nicht in den Gebiet“, stellte ein Polizeibeamter fest.
Aufräumarbeiten bis Samstagmittag
Die Bahnstrecke Ansbach-Würzburg war den ganzen Tag über blockiert, Fahrgäste wurden mit Bussen transportiert, der Fernverkehr umgeleitet. Zur Wiederaufrichtung des umgestürzten Waggons musste extra ein Schwerlast-Bergekran aus Leipzig herbeigeschafft werden, 60 Helfer von THW und Feuerwehr waren im Einsatz.
Der Schaden am Gleisbett wird auf mehrere Tausend Euro geschätzt. Die Aufräumarbeiten sollten bis Samstagmittag dauern, so die Deutsche Bahn.
Zum regelrechten Abenteuer machte das Unwetter, das auch in Würzburg, Bamberg und Sulzbach-Rosenberg Straßen überflutete und Keller unter Wasser setzte, ein Ferienprogramm für 27 Kinder in Ochsenfurt. Die Schüler im Alter von 9 bis 16 Jahren übernachteten in Zelten an der Alten Mainbrücke beim Kinderzirkus „Wirbelwind“. Gegen 2Uhr nachts standen nach einem Sturzregen alle Zelte 15 Zentimeter hoch unter Wasser, auch der Strom war ausgefallen.
Betreuer brachten die Kinder eilig in ein nahegelegenes Vereinsheim. Und die blieben erstaunlich cool: Am Abend zeigten sie im Zirkuszelt, was sie in den Ferien als kleine Artisten auf dem Seil oder beim Jonglieren mit Bällen gelernt hatten.Christa Schamel