Studenten gehen freiwillig in den Knast

Besonderes Ehrenamt: Sie besuchen einmal in der Woche Würzburger Knackis.
von  Abendzeitung
Pädagogikstudentin Jana Eickel kommt einmal in der Woche ins Gefängnis – um sich mit den Insassen zu unterhalten.
Pädagogikstudentin Jana Eickel kommt einmal in der Woche ins Gefängnis – um sich mit den Insassen zu unterhalten. © dpa

Besonderes Ehrenamt: Sie besuchen einmal in der Woche Würzburger Knackis.

WÜRZBURG Seit 20 Jahren gehen sie einmal in der Woche in den Knast – freiwillig! Studenten aus Würzburg, die für die Knackis die Brücke zur Außenwelt sind. Jeden Dienstag verabreden sich Studenten der Universität Würzburg mit den Gefangenen. Vorschriftsmäßig warten sie an der Gefängnispforte, bis ein Beamter sie durch lange Gänge führt.

Schwere Eisentüren fallen hinter den Studierenden krachend ins Schloss. Pädagogikstudentin Jana Eickel betritt Block B. Sie wird schon erwartet. Woche für Woche besucht die 40-köpfige Studentengruppe „Initiative Zelle“ im Wechsel die Häftlinge. „Wir sehen uns auch als Brücke zur Außenwelt. Viele Menschen haben keine Vorstellung von einem Leben hinter Gittern“, sagt die 23-Jährige.

Alleine im Freistaat engagieren sich nach Angaben des Bayerischen Justizministeriums etwa 1400 Menschen ehrenamtlich im Strafvollzug.

Rebecca Penno, die mit Jana Eickel die „Initiative Zelle“ leitet: „Oft braucht es nur einen Impuls, und die Unterhaltung wird lebhaft“, berichtet sie. Fast immer haben die Studierenden ein Programm im Gepäck. Dann wird gebastelt, diskutiert oder Kuchen gebacken. „Manchmal“, erzählt Eickel, „wollen die Gefangenen auch einfach nur reden.“ Neben dem Gedankenaustausch schätzen die Häftlinge, dass die Studenten nicht zu ihrer Gefängniswelt gehören.

„Viele Gefangene kennen nur den Alltag in der JVA“, erklärt Bewährungshelferin Kerstin Sauer, die in ihrer Diplomarbeit das Ehrenamt in dieser JVA unter die Lupe genommen hat. Das Ergebnis: „Die Gefangenen haben fast keinen Kontakt nach außen.“ Regelmäßiger Besuch von Studenten sei da eine willkommene Abwechslung.

Tina Lochmann ist zum ersten Mal dabei. Schüchtern beobachtet sie die Gefangenen. Wie viele Anfänger ist die 19-Jährige vor allem aus Neugierde gekommen. „Wer hat schon im normalen Leben mit Straftätern zu tun?“, sagt die Studentin. Und wie viele Neulinge ist Lochmann von der Offenheit der Gefangenen erstaunt, die bereitwillig von ihren Sorgen, Nöten und dem Leben hinter den hohen Backsteinmauern erzählen.

Dass Studierende wie Jana Eickel die JVA besuchen, hat auch berufliche Gründe. „Besonders in pädagogischen und sozialen Studiengängen raten die Dozenten zu einem sozialen Engagement“, erläutert die 23-Jährige. So nutzen viele Studenten die Initiative auch zur Berufsorientierung. „Vielleicht“, sagt Tina Lochmann, „arbeite ich ja später mal im Strafvollzug.“ Und auch die Gefangenen nehmen das Angebot dankbar an. Brigitte Neugebauer, JVA-Mitarbeiterin und Kontaktperson für die Studenten: „Wegen der großen Nachfrage haben wir aber vor einem halben Jahr sogar eine dritte Gruppe gegründet.“ Hannes Vollmuth

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