Streit um trockene Moore am Kramertunnel landet vor Gericht

München - Der Kramertunnel soll die Menschen in Garmisch-Partenkirchen vom Durchgangsverkehr entlasten - doch nach Ansicht von Naturschützern geht das auf Kosten der Natur. Durch den Tunnelbau seien überregional bedeutsame Feuchtbiotope zu erheblichen Anteilen trockengefallen und europäisch geschützte Biotopkomplexe zerstört worden, so die Kritik des Bund Naturschutz. Er sieht den Freistaat Bayern in der Pflicht, die Schäden zu sanieren. Am Dienstag beschäftigt sich nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit dem Rechtsstreit.
"Es ist ein Skandal, dass die bayerischen Straßenbaubehörden die Zerstörung von Biotopen in einem Naturschutzgebiet von europäischem Rang bewusst in Kauf nehmen und die vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen unterlassen", sagte der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner anlässlich des Gerichtstermins. "Wir sehen das Gericht in der Verantwortung, die Biotopsanierung zu veranlassen."
Im Kern geht es um das Grundwasser, das nach BN-Angaben beim Bau in den Tunnelstollen eingetreten ist. Dadurch sei der Grundwasserspiegel am Berg deutlich abgesunken, den sensiblen Mooren am Hang wurde so Feuchtigkeit entzogen. Der BN verlangt nun, die Felsklüfte mit Betoninjektionen abzudichten. "So besteht eine Chance, dass der Grundwasserspiegel sich wieder anhebt und die Biotope sich regenerieren können."
Gestritten wird bereits seit 2014 unter anderem um die Frage, ob das Umweltschadensgesetz in diesem Fall angewendet werden kann. Nun habe der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass auch staatliche Behörden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit belangt werden könnten, hieß es vom BN.
Der Bau des 3,4 Kilometer langen Kramertunnels wurde jahrzehntelang geplant und vorbereitet. Im Februar 2020 begannen schließlich die Bauarbeiten zur Hauptröhre. Das Ziel: Die Region ab Ende 2024 von Tausenden Autos zu entlasten, die täglich auf der Bundesstraße 23 fahren. Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach damals vom längsten Bundesstraßentunnel Deutschlands.
Umweltschützer überzeugt das nicht. Mit Blick auf zahlreiche andere Verkehrsprojekte in der Region kritisieren sie eine "Straßenbauorgie". "Es ist eine verkehrspolitische Bankrotterklärung, wenn im Loisachtal auf zwölf Kilometern zwischen Eschenlohe und Garmisch-Partenkirchen mindestens 1,34 Milliarden Euro im Straßenbau versenkt werden und gleichzeitig kaum Geld zur Vermeidung von Umweltschäden oder die Verbesserung der Eisenbahninfrastruktur ausgegeben werden soll", sagte Axel Doering von der Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen.