Streit um Namensschilder für Polizisten

Nachdem Passaus Polizeichefs vor seiner Haustür niedergestochen wurde, sind zwei zunächst festgenommene Tatverdächtige wieder frei. Der Fall erhitzt die Debatte über Namensschilder für Polisten - Berlin bleibt bei seinem Plan.
von  Abendzeitung
Meist nicht zimperlich: Polizisten (im Einsatz gegen Hooligans)
Meist nicht zimperlich: Polizisten (im Einsatz gegen Hooligans) © dpa

Nachdem Passaus Polizeichefs vor seiner Haustür niedergestochen wurde, sind zwei zunächst festgenommene Tatverdächtige wieder frei. Der Fall erhitzt die Debatte über Namensschilder für Polisten - Berlin bleibt bei seinem Plan.

Zwei nach dem Mordversuch an dem Passauer Polizeichef Alois Mannichl vorübergehend festgenommene Tatverdächtige sind mangels ausreichendem Verdacht wieder frei. Ein DNA-Vergleich mit den Tatortspuren habe keine Übereinstimmung ergeben, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch. Mannichl habe die beiden Männer auf Fotos auch nicht wiedererkannt.

Der Passauer Polizeichef war am Wochenende von einem vermutlich rechtsextremistisch eingestellten Mann beschimpft und

Ein Messerstich soll das Herz des Opfers nur um zwei Zentimeter verfehlt haben, mit einer Notoperation retten Ärzte den Mann. Die Polizei bildete eine Sonderkommission, um den oder die Täter zu finden.

Mannichl gilt wegen seines konsequentes Vorgehens gegen Neonazis in der rechten Szene als Hassfigur. Ob der Täter Mannichl von Anfang an ermorden wollte, ist unklar. Denn das Tatmesser lag auf der Gartenseite von Mannichls Haus auf dem Fensterbrett, wie der Oberstaatsanwalt sagte. Mehr als 300 Menschen demonstrierten am Montagmittag in Passau gegen rechte Gewalt. Hochschulgruppen der Universität Passau hatten dazu aufgerufen.

Parallel werden bekannte Forderungen laut: Dass Polizisten auch privat bedroht werden, komme «recht häufig» vor, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, im WDR. Zu verhindern sei dies nur mit mehr Personal für die Polizeien und durch härtere Urteile der Gerichte, «damit diese Täter nicht frei herumlaufen». Wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, werden Polizisten in Passau und auch deren Chef Mannichl persönlich immer wieder von NPD-Angehörigen und anderen Gruppierungen angegriffen.

Erleichtert wird dies, wenn Polizisten ortsbekannt sind, etwa in kleineren Städten oder Gemeinden. Aber auch in den Metropolen könnten es Gewalttäter künftig leichter haben, Beamte zu identifizieren und zuhause aufzusuchen, etwa in der Bundeshauptstadt, wo tausende Uniformierte täglich auf Demonstrationen oder Sportereignissen im konfrontationsreichen Einsatz sind: Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch machte vor Tagen unter anderem in der «taz» seinen Plan öffentlich, mit einem für 2010 geplanten Uniform-Wechsel den Polizisten auch Namensschilder zu verpassen. Er wolle die Polizei bürgernäher machen, sagte Glietsch, der Namensschilder im Einklang mit den Polizeigewerkschaften jahrelang abgelehnt hatte. Ausnahmen soll es nur für Zivilbeamte und Sondereinheiten geben.

Auch nach dem Mordversuch an dem Passauer Polizeichef bleibt Glietsch dabei. Der Vorfall in Bayern beeinflusse die Pläne des Präsidenten in keiner Weise, sagte eine Polizeisprecherin. Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bleibe dem Vorhaben wohl gesonnen, wie eine Sprecherin sagte: «Der Vorfall von Passau ändert nichts an der positiven Haltung des Innensenators.» Die Gewerkschaften jedoch sind unverändert dagegen und dürften sich durch den Mordversuch noch bestärkt fühlen. Entschärft wird der Schilder-Streit jedoch durch die Statistik: Die Zahl der Gewaltvorfälle gegen Polizeibeamte nimmt insgesamt ab. Immer wieder für Empörung sorgen aber auch übermäßig gewalttätiges Vorgehen von Polizisten gegen Fußballfans und Demonstranten. Erst vor wenigen Tagen gelang es in Berlin nur

einen prügelnden Hundertschaftsführer zu überführen. Der Mann ist derzeit vom Dienst suspendiert. Nicht immer sind Opfer übermäßiger Polizeigewalt so erfolgreich, viele Anzeigen blieben ohne Konsequenzen, weil der schuldige Beamte innerhalb seiner Einheit nicht zu identifizieren war.

Laut Berliner Innensenat gibt es Polizeiuniformen mit Namensschildern bereits in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. In anderen Bundesländern wie Hessen und Niedersachsen ist es den Beamten freigestellt, ihren Namen auf die Uniform nähen zu lassen. In Hamburg müssen nur Zugführer von geschlossenen Einheiten, Fußstreifen und Revierführer solche Schilder tragen, für alle anderen Beamten ist dies freiwillig. (nz)

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