Streit um Düngeverordnung: CSU an Seite der Bauern

Wann dürfen Bauern wie viel Dünger auf ihre Felder bringen, ohne dass die Umwelt leidet? Diese Frage spaltet seit Jahren Naturschützer und Landwirte. Die neue Verordnung erzürnt aber nicht nur die Experten.
von  dpa
Thomas Kreuzer spricht bei der Klausurtagung der CSU in Seeon zu der Presse. Foto: Tobias Hase/dpa
Thomas Kreuzer spricht bei der Klausurtagung der CSU in Seeon zu der Presse. Foto: Tobias Hase/dpa © dpa

Seeon (dpa/lby) - Kurz vor dem Ende der Anhörungsfrist der Länder zur neuen Düngeverordnung stellen Bauernvertreter und CSU die dem Entwurf zugrundegelegten Bodenmesswerte infrage. "Es wird angezweifelt, dass aufgrund der Zahl der Messstellen und auch ihrer Lage wirklich ein objektives Bild erreicht wird", sagte CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer am Montag zum Auftakt der viertägigen Fraktionsklausur im oberbayerischen Kloster Seeon.

Durch ein verbessertes Messsystem müsse überprüft werden, ob wirklich in den als rote Gebiete deklarierten Gegenden eine zu hohe Nitratbelastung vorliege. Am 15. Januar endet die Länderanhörung zur Düngeverordnung.

Dazu passend hat der Fraktionsvorstand in Seeon eine Resolution beschlossen, die unter anderem Korrekturen an der Düngeverordnung fordert. In dem Papier heißt es: "Den Entwurf zur Anpassung der Düngeverordnung hingegen halten wir sowohl aus pflanzenbaulicher als auch aus ökologischer Sicht in Teilen für nicht ausgewogen." Die Maßnahmen seien unverzüglich auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. "Bei der Umsetzung der Nitratrichtline dürfen in Deutschland keine höheren Anforderungen gelten als in anderen EU-Staaten."

Aus Kreuzers Sicht gibt es viele Anhaltspunkte, am bisherigen Messsystem zu zweifeln - wenn etwa an der Landesgrenze zu Baden-Württemberg im gleichen Grundwasserkörper je nach Bundesland unterschiedliche Werte angegeben seien. Generell gehe es der CSU bei ihrer Kritik an der Düngeverordnung nicht darum, die Grenzwerte zu verändern. "Das halte ich für nicht möglich. Aber wir müssen es praxisgerecht umsetzen, damit weiter Landwirtschaft möglich ist, ohne dass das Grundwasser gefährdet wird."

Auch der Präsident des bayerischen Bauernverbandes, Walter Heidl, sieht falsche Messstellen und Messwerte als grundlegenden Fehler in der neuen Düngeverordnung. "Es muss was passieren bei der Repräsentativität der Messstellen und der Messwerte", sagte er in Seeon. Deutschland habe im Gegensatz zu anderen EU-Ländern die Belastungsmessstellen gemeldet. "Von daher erscheint Deutschland in einem schlechteren Bild im Vergleich zu den anderen (Ländern) und das ist so nicht korrekt." Heidl forderte die Politik auf, "faire" Messungen zur Grundlage einer neuen Düngeverordnung zu machen.

Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) kritisierte die Düngeverordnung ("das größte Bauchwehthema überhaupt") ebenfalls massiv und kündigte Gegenwehr im Bundesrat an: "Ich bin zu vielem bereit, ich glaube auch unsere Landwirte, die ertragen derzeit das höchste Maß an Belastungen. Aber es muss fachlich tatsächlich gut gemacht sein. Nur ins Blaue hinein einfach zu verschärfen, das werden wir nicht mittragen." Als Beispiele nannte sie ein geplantes Verbot für Düngungen im Herbst. "Wenn die Ratschläge aus Bayern nicht gehört werden, wird Bayern im Bundesrat diese Punkte nicht mittragen."

Kaniber betonte, dass die derzeit 590 Bodenmessstellen auf ihre Eignung überprüft und auf 1500 erweitert werden sollten. Es müsse sichergestellt werden, dass die Messstellen messen, was sie sollten.

Zum besseren Schutz des Grundwassers sollen die deutschen Bauern das Düngen unter anderem mit Gülle weiter einschränken. Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte verklagt und 2018 beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Recht bekommen.

Die Bundesregierung bereitet deswegen weitere Neuregelungen vor. Sie sollen die erst 2017 geänderten Vorgaben verschärfen. Derzeit läuft die Ressort- und Länderanhörung. Der Entwurf der neuen Düngeverordnung soll im April im Bundesrat verabschiedet werden.

Für die CSU bietet die Kritik an der Düngeverordnung aber auch eine Chance. Nachdem das Verhältnis zwischen der Partei und den Landwirten im vergangenen Jahr - insbesondere seit dem Rekord-Volksbegehren "Rettet die Bienen" - massiv gelitten hat, könnte die demonstrative Solidarität jetzt beide Lager miteinander versöhnen.

Kaniber warnte zudem vor einer politischen Radikalisierung der Bauern, sollte die Politik ihre Anliegen und Sorge nicht ernst nehmen. In der Vergangenheit hatte etwa die AfD immer wieder mit Forderungen im Sinne der Bauern versucht, politisches Kapital aus der aufgeheizten Situation zu schlagen.

Für Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist die Kritik der Bauern an der bayerischen Politik zudem unbegründet: "Wir sind besser als es derzeit öffentlich wahrgenommen wird. Kein Bundesland zeigt soviel Wertschätzung für die Landwirtschaft wie Bayern", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München.

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