Streit um den letzten Willen einer 99-Jährigen

Was Maria Pfister mit ihrem Testament auslöst, hat die Pappenheimerin bei ihrem Tod 2008 sicher nicht geahnt. Seitdem streitet die Stadt über ihr Vermächtnis: Geld und ein stattliches Anwesen.
Ruth Schormann |
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Dieser Hof war das Zuhause von Maria Pfister (kl. Bild). Sie wollte, dass es nach ihrem Tod stehen bleibt.
Peter Prusakow Dieser Hof war das Zuhause von Maria Pfister (kl. Bild). Sie wollte, dass es nach ihrem Tod stehen bleibt.

Pappenheim - An Maria Pfister (†99) erinnert im mittelfränkischen Pappenheim nicht nur ein dunkelgrau-marmorierter Grabstein mit goldenen Lettern. Auch das stattliche Anwesen der 99-Jährigen, ein alter Bauernhof mit Scheune und Stall, steht noch im Ortsteil Bieswangen. Es steht leer. Seit fast zehn Jahren.

Stadt erbt gesamtes Hab und Gut

Der Grund: das Testament der vermögenden Dame. Darin steht, dass sie ihr gesamtes Hab und Gut der Stadt Pappenheim vermacht. Das sind immerhin ein Haus, ein großes Grundstück – und 700.000 Euro.

Doch darum gibt es großen Streit im Pappenheimer Stadtrat. "Die dreht sich ja heute noch im Grab um, wenn sie das hört", mutmaßen Ortsansässige im Bayerischen Rundfunk. Nein, Maria Pfister hätte das so sicher nicht gewollt.

Darum geht’s: "Ein paar wenige, von denen auch welche im Stadtrat sitzen", wollen, dass das Haus abgerissen wird, erklärt Bürgermeister Uwe Sinn der AZ. Doch das ist nicht der Wille der großen Gönnerin. Die Bedingung in ihrem Testament ist: Ihr Haus soll stehen bleiben – und für Bedürftige umgebaut werden.

Gutes tun über den Tod hinaus, das wollte die kinderlose Dame, die Bürgermeister Sinn selbst nie persönlich kennengelernt hat. Trotzdem fühlt er sich der Erblasserin verpflichtet. "Das ist ein letzter Wille, den wir respektieren, ob’s anderen passt oder nicht", gibt er sich im Gespräch mit der AZ kämpferisch. Die anderen, das sind ein paar Bieswanger, die das Haus abreißen wollen. Aber warum? Feucht sei das Haus nicht, "es ist gut beieinander", sagt Sinn. Alt, aber man kann es sanieren, meint er.

Peter Krauß, der ehemalige Bürgermeister, kannte Pfister gut. Wie Sinn berichtet, habe sein Vorgänger der Seniorin damals das Versprechen abgenommen, dass sie nach ihrem Tod "mindestens für 100 Jahre auf dem Friedhof liegen kann."

Nachlass für lange Grabesruhe

Als Kind hätte die Pappenheimerin einmal gesehen, wie Männer alte Gräber aufgelassen haben. Das muss sie tief beeindruckt haben. "Ich will nicht, dass ein Fuchs mal meine Knochen in den Wald trägt", soll sie gesagt haben. Deswegen der Wunsch nach einer langen Grabesruhe. Und im Gegenzug eben den Pfister’schen Nachlass für die Stadt.

In ihr Testament schreibt die Erblasserin, so berichtet es der BR, "Mein Anwesen (...) soll nicht veräußert werden. Nach Möglichkeit sollen Stall und Scheune (...) für Wohnzwecke ausgebaut werden".

Über das kleine Wörtchen "soll" streiten nun die Pappenheimer Räte. Denn manche meinen, das Haus sei nach dem langen Leerstand nicht mehr sanierungswürdig. Sie wollen Pfisters Geld lieber in ein altes Schulhaus stecken, um es zu einem Pflegeheim für Senioren umzubauen. Das wäre doch auch im Sinne der Verstorbenen, so die Argumentation. "Das geht nicht", sagt der Bürgermeister. "Das Haus kann nicht abgerissen werden", macht er klar.

Nun habe der Stadtrat beschlossen zu prüfen, ob es für die Sanierung Förderungen von der Regierung gibt.

Was Maria Pfister von all den Streitereien wohl gehalten hätte?

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