Streit über Wahlrechtsreform: CDU im Norden ermahnt CSU

Berlin - Im Dauerstreit über eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags fordern CDU-Vertreter aus dem Norden von der CSU mehr Kompromissbereitschaft. "Die CSU sollte ihre Blockade bei der Reduzierung der Wahlkreise aufgeben", sagte der niedersächsische Landesgruppen-Chef Mathias Middelberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag).
Ähnlich äußerte sich der CDU-Landesgruppenchef von Schleswig-Holstein, Johann Wadephul. Es falle niemandem leicht, die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren, was eine Vergrößerung der einzelnen Kreise bedeute. "Es wird schwierig sein, ein noch größeres Gebiet als Abgeordneter zu betreuen, aber jeder muss jetzt ein Stück weit nachgeben." Das gelte aber auch für die Opposition, sagte er. "In den nächsten beiden Sitzungswochen müssen wir einen Kompromiss finden."
Hintergrund der Debatte ist die Befürchtung, dass der Bundestag bei der Wahl 2021 auf mehr als 800 Abgeordnete anwachsen könnte. Schon jetzt ist das Parlament mit 709 Abgeordneten so groß wie nie zuvor. Die Normgröße sind eigentlich 598 Mandate. Allerdings wird es von Tag zu Tag schwieriger, zu verhindern, dass aus dem derzeitigen XL- ein XXL-Parlament wird.
Die CSU hatte 2017 alle Bundestagssitze über Direktmandate in den Wahlkreisen geholt. Sie hat daher kein Interesse daran, dass es weniger Wahlkreise gibt. Aber auch 185 der 200 CDU-Abgeordneten zogen per Direktmandat in den Bundestag ein.
Middelberg sagte in Richtung CSU, jeder müsse sich ein Stück bewegen. So müssten die norddeutschen Bundesländer in Kauf nehmen, bei einer Reform Listenmandate zu verlieren. Wenn kein Kompromiss gefunden werde, bestehe das Risiko, "dass das Wahlrecht radikal geändert wird und wir ein reines Verhältniswahlrecht bekommen", warnte Middelberg. "Ein Riesenvorteil unserer Demokratie, der direkt gewählte, aber auch direkt ansprechbare Abgeordnete vor Ort, wäre dann weg."
Die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte dem Blatt lediglich: "Ich hoffe sehr, dass bis zum Sommer eine Lösung gefunden werden kann, die sicherstellt, dass der Bundestag nach der nächsten Wahl eine vertretbare und von den Bürgern akzeptierte Größe hat und gut arbeitsfähig ist."