Streit im Berchtesgadener Land: Wem gehören die Almen?

Berchtesgaden - Dass so manchem Unrecht getan wird, davon ist Toni Altkofer überzeugt. Die Frage, die für den Alt-Bürgermeister von Bischofswiesen im Raum steht: Wem gehören die Berchtesgadener Almen? Dem Freistaat Bayern wirft er in mehreren Fällen "staatliche Unterschlagung von Almeigentum" vor.
Altkofer, der viele Jahre für eine Freie Wählergemeinschaft im Chefsessel des Rathauses saß, fordert nun Aufklärung. "Sollten im Einzelfall berechtigte Eigentumsansprüche festgestellt werden, werden diese respektiert", antwortet ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums auf Nachfrage.
Almwirtschaft im Berchtesgadener Land geht dramatisch zurück
Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, der Freistaat Bayern würde bäuerliches, nachgewiesenes Berchtesgadener Almeigentum aus historischer Zeit nicht anerkennen. Mehrere Berchtesgadener hatten der Staatsregierung Dokumente vorgelegt, die das Eigentum identifizieren sollen, und die Anerkennung desselben verlangt. Die Anträge wurden zurückgewiesen – mit dem Hinweis auf das Grundbuch, in welchem der Freistaat als Eigentümer aufgeführt ist. Eine definitive staatliche Aufarbeitung sei notwendig, fordert Altkofer.
Klar ist: Der Rückgang der Almwirtschaft in und um Berchtesgaden gilt als drastisch. In den vergangenen 150 Jahren sind 1000 Hektar Almflächen und über 250 Almen und Kaser verschwunden. Die Gründe sind vielschichtig. Für Altkofer ist aber klar: "Der Hauptgrund für den Rückgang liegt in der Politik und bei den Behörden."

Ehemaliger Bürgermeister von Bischofswiesen richtet Petition an Landtag in Bayern
Die wesentlichen Ursachen für den Niedergang von Berchtesgadener Almen seien "in der bayerischen Aberkennung des Almeigentums, in den Zwangsablösungen der Kehlstein- und Röthalmen im Dritten Reich sowie in der Negativwirkung des Bayerischen Forstrechtegesetzes zu finden".
Auf Nachfrage zu Altkofers Anschuldigung antwortet das Landwirtschaftsministerium, Altkofer habe im Zusammenhang mit Forstrechten und Almeigentum im Bereich der ehemaligen Fürstpropstei Berchtesgaden bereits eine Petition an den Landtag gerichtet. Die Eingabe wurde im vergangenen Mai im Landwirtschaftsausschuss "behandelt und abgelehnt".
Die Einheimischen versuchen, ihren Anspruch am Almeigentum mit Dokumenten zu belegen
Altkofer interessiert das nur wenig: "Wo sind die Urkunden und Dokumente, die belegen, dass das Land Bayern das besagte Almeigentum ordentlich erworben hätte", fragt er in einem Schreiben an Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). Im Hintergrund bemühen sich mehrere Einheimische darum, ihren Anspruch an verlorengegangenem Eigentum mit Unterlagen und Dokumenten zu belegen.

Sie haben in Archiven geforscht, rechtlichen Beistand eingeholt und wollen ihren Fall aufgearbeitet wissen. Dabei geht es insbesondere um Almen in der Region, die sich – Stand heute – nicht mehr im Bürgereigentum befinden. Hinweise des Freistaates auf das Grundbuch und das Forstrechtskataster seien hinfällig, "weil sie aus späterer Zeit stammen", sagt Toni Altkofer.
Ignoriert werde, dass früher nachgewiesene Eigentumsrechte im Grundbuch nachzutragen seien. Beim Ministerium heißt es: "Das Forstrechtegesetz von 1958 wurde nach jahrelangen Fachdiskussionen unter Beteiligung der Forstberechtigten und unter Berücksichtigung ihrer Interessen beschlossen." Die Forstrechte würden dabei verbindlich als Grunddienstbarkeiten anerkannt.
Alt-Bürgermeister Toni Alkofer: In Österreich erlischt das Almeigentum nicht
Das Forstrechtegesetz regelt die Sachbehandlung bei "Fragen der Ausübung, Abgewährung und Ablösung von Forstrechten", heißt es. Der Rechtsrahmen für den Umgang mit Rechten, die bereits bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestanden, ist bundesrechtlich in Bestimmungen des BGB, im Einführungsgesetz zum BGB und landesrechtlich im Ausführungsgesetz zum BGB sowie im Forstrechtegesetz geregelt, teilt ein Sprecher des Ministeriums mit.
Die österreichischen Behörden hätten Almeigentum respektiert, sagt Altkofer. Die Konsequenz: eine enge und unabhängige Verbindung der Almbauern zu ihren Almen. Dass Almeigentum dort erlischt, sei nicht möglich.