Strahlung aus dem Wasserhahn

Bayerns Trinkwasser ist in manchen Regionen stark mit Uran belastet. Das giftige Schwermetall schädigt vor allem die Gesundheit von Kindern – dabei würde ein Filter höchstens zwei Cent pro tausend Liter kosten. Doch über Maßnahmen wird gestritten.
von  Abendzeitung
Ein Schluck Wasser - wieviel Uran steckt drinnen?
Ein Schluck Wasser - wieviel Uran steckt drinnen? © AP

Bayerns Trinkwasser ist in manchen Regionen stark mit Uran belastet. Das giftige Schwermetall schädigt vor allem die Gesundheit von Kindern – dabei würde ein Filter höchstens zwei Cent pro tausend Liter kosten. Doch über Maßnahmen wird gestritten.

Bayerns Trinkwasser enthält zu viel radioaktives Uran. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Verbraucherinitiative Foodwatch. Foodwatch-Chef Thilo Bode kritisiert die Bundesregierung und die bayerischen Behörden: Sie hätten nicht auf die hohen Werte aufmerksam gemacht und keine Filteranlagen gebaut. Vor allem für kleine Kinder bedeutet Uran im Trinkwasser hohe Gesundheitsgefahr.

Die AZ klärt die wichtigsten Fragen:

Wie viel Uran befindet sich in Bayerns Trinkwasser?

Die Problembereiche sind der Bayerische Wald, das Fichtelgebirge und die Moorgebiete in Nieder- und Oberbayern. Dort gibt es besonders viel Uran in der Erde. Den höchsten Uran- Wert in Deutschland weist das Gesundheitsamt Haßberge imunterfränkischen Maroldsweisach auf: 39,9 Mikrogramm Uran pro Liter Wasser! Bei Säuglingen gilt schon die Aufnahme von mehr als zwei Mikrogramm als schädlich. In München, wo der Uran-Wert mit am niedrigsten ist, gibt es gerade mal 1,1 Mikrogramm Uran im Wasser. Von 703 bayerischen Werten, die Foodwatch verglichen hat, lagen 62 über dem vom Umweltbundesamt empfohlenen Wert von zehn Mikrogramm.

Was ist Uran?

Uran ist ein radioaktives Schwermetall, das im Boden vorkommt. Fast zu hundert Prozent besteht Uran aus dem Isotop 238, lediglich ein Minimal-Anteil besteht aus dem Isotop 235, das in Kernkraftwerken zur Energiegewinnung genutzt wird.

Wie kommt das Uran ins Trinkwasser?

Wenn Wasser, das zur Trinkwassergewinnung verwendet wird, durch Gesteinsschichten mit Uran geflossen ist, geht das Uran ins Wasser über.

Warum ist Uran gefährlich?

Zum einen, weil das Schwermetall radioaktiv ist. Die Strahlung kann menschliche Zellen zerstören. Darüber hinaus können Schwermetall-Ionen, die im Uran enthalten sind, schwer vom menschlichen Körper ausgeschieden werden. Die Niere wird so geschädigt, sagt der Münchner Toxikologe Franz Bernhard Hofmann zur AZ. Ob Uran krebserregend ist, darüber wird in der Wissenschaft gestritten.

Gibt es Grenzwerte?

Ja, aber sehr unterschiedliche – und kaum verbindliche. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass ein Mensch lebenslang höchstens 15 bis 30 Mikrogramm Uran pro Liter aufnehmen darf. Das Umweltbundesamt empfiehlt höchstens zehn Mikrogramm. Das Bundesamt für Risikobewertung hat für Mineralwasser, die für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet sind, einen Grenzwert von zwei Mikrogramm vorgeschrieben.

Sind die Behörden dazu verpflichtet, hohe Werte anzugeben?

Ja, sagt Foodwatch und beruft sich auf Paragraf 40 des deutschen Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches. Dort steht, die Behörden „sollen“ die Bevölkerung informieren, wenn es einen hinreichenden Verdacht gibt, dass durch bestimmte Nahrungsmittel Gesundheitsgefahr besteht. Allerdings: Von „müssen“ ist nicht die Rede.

Kann man Uran herausfiltern?

Ja, eine Bayreuther Firma bietet seit dem vergangenen Jahr eine Filter-Anlage an. Die Kosten fürs Filtern betragen laut Hermann Dieter, Trinkwasserexperte des Umweltbundesamts, nur ein bis zwei Cent pro tausend LiterWasser.

Was sagen Verbraucherschützer?

Foodwatch-Chef Thilo Bode kritisiert die Bundesregierung. Diese habe es versäumt, dafür zu sorgen, dass der Leitwert nicht überschritten wird. „Und das ist wirklich eine schwerwiegende Verletzung der Fürsorgepflicht des Staates“, schimpft Bode. Foodwatch fordert, dass der Grenzwert von zehn Mikrogramm in der Trinkwasserverordnung festgeschrieben wird. Gemeinden, die den Urangehalt überschreiten, sollen ihre Wasseranlagen stilllegen. Die Initiative fordert darüber hinaus, dass die Behörden die Bevölkerung sofort warnen müssen, wenn der Urangehalt den „Säuglingswert“ von zwei Mikrogramm überschreitet.

Was sagen die Behörden?

„Bei allen Trinkwasserversorgungen, wo der Wert überschritten wurde, ist entweder eine Aufbereitungsanlage installiert worden, oder es werden gerade welche installiert“, sagt Christian Weidner, Sprecher vomBayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur AZ.

Und warum hat das Landesamt die Bevölkerung nicht gewarnt?

„Wir hätten’s natürlich auch bei uns auf die Homepage stellen können“, räumt Weidner ein. „Wenn wir aber alle Werte publik machen, führt das zu mehr Missverständnissen als Klarheit.“

Volker ter Haseborg

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