Stoibers Auferstehung am Aschermittwoch
Er soll attackieren, weil Seehofer brav bleiben muss: Blankes Entsetzen in der CSU
MÜNCHEN - Mit Schimpf und Schande haben sie ihn davon gejagt. Jetzt, fünf Jahre danach, muss die CSU Edmund Stoiber wiederbeleben. Der 70-jährige Ex-Parteichef und Ex-Ministerpräsident ist offensichtlich die letzte Patrone der Christsozialen. Er soll den größten Stammtisch der Welt retten, als Ersatzmann gegen den politischen Gegner holzen und die Massen mitreißen. Als „Mister Aschermittwoch“, so Seehofer.
Ausgerechnet beim 60.Jubiläum des schwarzen Hochamts. Der CSU-Chef selber muss sich nämlich lammfromm geben, weil er nun 30 Tage lang Staatsoberhaupt ist. Da kann er nicht Stimmung machen gegen Ausländer, Griechenland, und den Finanzausgleich. Reden will er in Passau trotzdem. Aber nur mit staatstragenden Worten über die Leistungen der CSU. Den Schlagabtausch soll ein anderer übernehmen.
Das zwang die CSU zum Aschermittwochs-Casting: Kabinettsmitglieder schieden aus. „Da beginnt nur wieder die Kronprinzendebatte“, beschied Seehofer seinem Präsidium. Außerdem, wer von ihnen könnte schon den Mega-Stammtisch zum kochen bringen? Söder? Haderthauer? Herrmann? Aigner? Auch von Seehofers Stellvertretern empfahl sich keiner für die Aufgabe Attacke:
Landtagspräsidentin Barbara Stamm ist zu zahm, Verkehrsminister Peter Ramsauer zu plump, Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt und Justizministerin Beate Merk zu unauffällig. „Bei denen bleibt ja die Halle leer“, sorgte sich ein führender CSU-Mann. „Er habe nachgedacht“, verkündete Seehofer am Samstag der CSU-Führung.
Edmund Stoiber sei doch im letzten Jahr in Passau als Ehrengast so gefeiert worden. Der könne das machen. Ausgerechnet Stoiber, der einst als Ministerpräsident den Bayern den Länderfinanzausgleich eingebrockt hat, den Seehofer jetzt so vehement bekämpft. Der die Landesbank in den Ruin getrieben hat, und von dessen CSU und Regierung sich sein Nach-Nachfolger ständig distanziert („Das war die alte CSU, ich bin die neue“). Der soll der Retter des Aschermittwochs werden?
Der ausgewiesene Ähh-Rethoriker, der sich in Passau so gerne reden hörte und erst nach drei Stunden wieder aufhörte. Der bei seinem letzten Auftritt 2007 mit solchen Sätzen glänzte: „Ich weiß, was es bedeutet, Mutter von drei Kindern zu sein“. Oder. „Heute spreche ich manches klarer aus, als ich es in der Vergangenheit getan habe.“
In der CSU-Fraktion, die Stoiber einst vom Thron gestürzt hat, herrscht blankes Entsetzen. „Der wird keine Stimmung in die Bude bringen“, heißt es dort. „Der ist langweilig ohne Ende. Da werden einige nicht hingehen.“ Auch Stoiber muss sich zurückhalten. Vor allem bei Europa. Da hat er sich in seinem neuen Job als „Entbürokratisierer“ vom Saulus zum Paulus gewandelt. Die EU und Bundeskanzlerin Angela Merkel sind jetzt seine Geldgeber und finanzieren seinen Hofstaat in München, nachdem der Steuerzahler das nicht mehr übernimmt.
Dabei hatte der CSU-Ehrenvorsitzende vor zwei Jahren die Messlatte für Seehofer noch ganz hoch gelegt. „Der Aschermittwoch ist ein Schlüsseltermin, ein Markenzeichen der CSU: Die ganz große Abrechnung mit dem politischen Gegner, die große Perspektive zur politischen Lage und über die Zukunft.“ An der Aschermittwochsveranstaltung könne man ablesen, wie die aktuelle Lage der CSU sei, so Stoiber. Nie konnte man sie deutlicher sehen, als jetzt.