Stier auf der Flucht
Altötting - Im spanischen Pamplona hetzen sie jedes Jahr die Stiere durch die Straßen. Weil die Tiere in den abgesperrten Gassen nur nach vorne rennen können, jagen sie der Jugend der Stadt hinterher – was die verdammt lustig und aufregend findet. In Unterneukirchen (Kreis Altötting) läuft’s gerade anders herum. Das Dorf läuft dem Stier hinterher – und der ihnen davon.
Seit drei Wochen stromert der eineinhalb Jahre alte Bulle in den Feldern rund um das 3000-Einwohner-Dorf. Das ist derzeit von meterhohen Maisfeldern umringt. Dort versteckt sich das kaffeebraune Tier. Nur hin und wieder zeigt er sich – „fast provokant“, wie ein Anwohner sagt. Zuletzt hat die Polizei mit einem Hubschrauber die Gegend durchkämmt. Der Stier setzte sich auf eine Wiese und ließ sich bewundern – als ein Rehbock auftauchte, floh er.
Auch am Dienstag ist der Helikopter wieder in der Luft, an Bord nehmen Jäger mit Betäubungsgewehren die Felder ins Visier. „Aber da kannst ja nicht reinschießen, da siehst ja nix“, sagt Rosemarie Reisinger. Die 57-Jährige ist die Besitzerin des Rindviechs. „Am 26. Juni war er im Stall. Das Tor war offen, und er hat sich wegen irgendwas erschrocken. Dann ist er rausgerannt.“
Unterneukirchens Bürgermeister Georg Heindl hat die Reisingers schriftlich aufgefordert, den Stier zu fangen. Leichter gesagt als getan: Das Tier entkam schon einem Großeinsatz der örtlichen Feuerwehr, der Polizei und den Jägern. Selbst der Hunger treibt ihn nicht heim. Auf den Wiesen findet er genug Futter. Der Stier gilt als ungefährlich. „Wenn der wen sieht, nimmt er Reißaus“, sagt Reisinger. „Da musst ihn schon in die Ecke drängen, dass er wild wird.“
Für Autofahrer und Biker ist es schon kritischer: Am Sonntagabend stand das Tier in der Dämmerung auf der Straße zwischen Unterneukirchen und Kastl – und zwingt einen Autofahrer zur Vollbremsung. Deshalb will die Polizei ihn schnellstens fangen. Rosemarie Reisinger schwant aber schon, dass die Unterneukirchner Stierhatz länger dauern könnte: „Wenn das so weitergeht, müssen wir bis zur Mais-Ernte warten.“ Die findet aber erst Mitte September statt. Es scheint so, als hätte der Stier noch ein paar Wochen Sommerferien.
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