Statistiker entschlüsseln Nürnbergs Geheimnisse
Wo ist die Stadt am ärmsten, wo wohnen die meisten Senioren und wo die Jugendlichen – wichtige Daten für die Entwicklung der Stadt.
NÜRNBERG Die Altstadt ist kein gutes Pflaster für Kinder, Jugendliche und Familien. Auch wenn die City junge Menschen zum Shoppen und für die Party anlockt. Aber zum Wohnen ist sie alles andere als attraktiv. In der Innenstadt leben im Vergleich zur erwerbstätigen Bevölkerung die wenigsten Kinder unter 15 Jahren in ganz Nürnberg. Dafür ist die City Single-Hochburg. Nirgendwo anders in der Stadt verzeichnet die Statistik mehr Ein-Personen-Haushalte. Doch es sind nicht die berufstätigen Alleinstehenden, die Juppies, die hier wohnen. Sondern relativ viele ältere Menschen über 65 Jahren. Älter ist Nürnberg nur noch in Langwasser und Erlenstegen.
Das städtische Statistik-Amt hat Nürnberg jetzt genau unter die Lupe genommen und die Geheimnisse der Stadt entschlüsselt. Und gleichzeitig auch die Geheimnisse der Nachbarstadt Fürth. Denn die Ämter sind bei einer der Spar-Runden in den vergangenen Jahren zusammengelegt worden. Jetzt arbeiten die 30 Statistiker aus beiden Städten unter einem Dach, verursachen 20 Prozent weniger Kosten und werden immer effektiver. „Wir können mit unseren neuen Computer-Programmen jetzt alle unsere Daten schnell als Karten visualisieren“, erläutert Amtsleiter Wolf Schäfer.
Denn ein Kartenbild sagt mehr als tausend Zahlenreihen. Wenn es zum Beispiel darum geht, wo Nürnberg und Fürth am ärmsten sind, dann leuchten die Nürnberger Südstadt und die Fürther Innenstadtbezirke dunkelrot auf. Was heißt: Achtung Armutszone! Weniger betroffen von Arbeitslosigkeit sind in beiden Nachbarstädten die Randbezirke.
„Es zeigt sich dabei, dass die Unterschiede zwischen Nürnberg und Fürth gar nicht so groß sind“, analysiert Schäfer. Viel höher seien hier die Differenzen zwischen der armen Kernstadt und dem wohlhabenden Stadtrand. Eine weitere Problemzone hat Schäfer ausgemacht: die Achse von Nürnberg entlang der Fürther Straße in die Nachbarstadt. Hoher Ausländeranteil, viel Arbeitslose und viele Alleinerziehende sind die ganz eindeutigen Indikatoren für ein Problemgebiet.
Und es sind wichtige Daten für die Stadträte, die derzeit die weitere Entwicklung des Stadtteils planen. Wenn es etwa darum geht, wo Spielplätze gebraucht werden, wo Schulen ausgebaut werden müssen und bald zusätzliche Plätze in Kindergärten und Horten nachgefragt werden. Wo Grünflächen fehlen, neue Schwerpunkte für die soziale Betreuung geschaffen werden müssen und wo es Defizite bei der kulturellen Infrastruktur gibt.
Bei der zukünftigen Nutzung des ehemaligen AEG-Geländes, das an dieser Problemachse liegt, wird aus den Daten dann konkrete Politik.
Arm, reich, jung, alt: So lebt Nürnberg
Hier sind Nürnberg und Fürth am ärmsten. Die Karte zeigt, wo die meisten Arbeitslosen wohnen. In Nürnberg sind das die alten, industriell geprägten Stadtteile im Süden und Westen mit Werten von 10 bis 13 Prozent: Steinbühl, Gibitzenhof, Schweinau, St. Leonhard, Sündersbühl, Muggenhof, Bärenschanze, Eberhardshof. Aber auch die Tullnau und Schoppershof. Spitzenreiter (dunkelrot) ist die Dianastraße mit einem Arbeitslosenanteil von über 13 Prozent. In Fürth sind die Problemstadtteile: Altstadt (10 bis 13 %), Scherbsgraben, Stadtgrenze und Teile der Südstadt (jeweils 7 bis 10 Prozent).
Je dunkler das Grün, desto jünger ist die Bevölkerung. Der so genannte Jugendquotient gibt den Anteil der Jugendlichen unter 15 Jahren im Verhältnis zur erwerbstätigen Bevölkerung an. In der Nürnberger Innenstadt und den Stadtteilen rund um die City ist das besonders gering. Ähnliches gilt für Fürth. Viele Jugendliche gibt’s u. a. in Erlenstegen, Mögeldorf, Laufamholz, Zabo, Sündersbühl, Werderau, Gibitzenhof und Hasenbuck. Der höchsten Wert (dunkelgrün) weist der Rangierbahnhof auf. In Fürth gilt er für die Kalbsiedlung. Viele Kinder leben in Vach, Unterfarrnbach, Dambach und in der Fürther Südstadt.
Diese Karte zeigt den so genannten Seniorenquotienten: Je dunkler das Orange, desto mehr Rentner leben hier im Verhältnis zur erwerbstätigen Bevölkerung. Die „alten“ Stadtteile (über 40 Prozent Rentner) ziehen sich wie ein Halbkreis durch Nürnbergs östliche und südliche Stadtbezirke: Buchenbühl, Schafhof, Erlenstegen, Zabo, Teile von Langwasser, Gartenstadt, Röthenbach und Eibach. In Fürth befinden sich die Stadtteile mit dem höchsten Senioren-Quotienten im Westen: Hardhöhe und Scherbsgraben. Hohe Werte zeigt die Karte auch für Atzenhof, Burgfarrnbach, Stadeln und Mannhof.
Michael Reiner