Star-Architekt: Der Club rettete mir das Leben
Todesflug von Rio nach Paris: Detlev Schneider hatte schon gebucht – und sagte im letzten Moment wegen der Relegation ab
NÜRNBERG Beim Gedanken daran bekommt er immer noch Schweißausbrüche! Detlev Schneider, Star-Architekt aus Nürnberg – er baute zum Beispiel das CineCittà – sprang dem sicheren Tod von der Schippe! Zu verdanken hat er sein Leben dem 1.FC Nürnberg. Es ist eine dramatische, verrückte Geschichte...
Der 57-Jährige wollte Ende Mai mal wieder eine Reise nach Rio de Janeiro antreten. Dort leben seine beiden Kinder Lorena (15) und Leonardo (17), seit Schneiders Ehe mit einer Brasilianerin vor zehn Jahren in die Brüche ging. „Ich hatte mich sehr auf sie gefreut“, erzählt der Baumeister.
Auch der Rückflug war schon gebucht, Flugnummer AF 447. Abflug: Montag, 1.Juni, von Rio nach Paris. Doch Schneider ist nicht nur liebender Vater. Er ist auch riesiger Club-Fan. Und wegen der unvorhergesehenen Relegationsspiele gegen Cottbus verzichtete er schweren Herzens auf die Reise nach Brasilien.
Die 800 Euro teuren Flugscheine hat er im Büro aufgehängt
Er freute sich stattdessen am Sonntag im Stadion über den Bundesliga-Aufstieg des FCN. „Während des Pokalfinales war ich schon in Rio und konnte das Spiel nicht sehen. Diesmal konnte ich mir den Tag nicht entgehen lassen. Ich ließ meine Flugtickets dem Club zuliebe verfallen, wollte meine Kinder danach besuchen“, erzählt Schneider. Das hat ihm das Leben gerettet!
Die 800 Euro teuren Flugscheine hängen in seinem Büro an der Wand – „um jeden Tag bewusst zu genießen“, schildert er mit stockender Stimme seine „kleine Wiedergeburt“. Der Club-Aufstieg trat natürlich in den Hintergrund, seit er die schrecklichen Nachrichten über den Todes-Airbus im Fernsehen sah. Schneider: „Der Gedanke daran, dass ein Leben mit einem Mal durch eine solche Katastrophe vorbei sein könnte, lässt mich schaudern.“
Kurios: In der AZ vom Dienstag las er, dass ein Nürnberger möglicherweise unter den Todesopfern sein soll. Prompt rief er beim Bayerischen Landeskriminalamt in München an und fragte, ob er selbst noch auf der Passagierliste stehe. Er tat es! Schneider teilte dem LKA mit, dass er die Reise nicht angetreten hatte. Erschüttert sagt er: „Ich fliege mindestens vier Mal im Jahr die Route mit der Air France, meiner Kinder wegen. Einzig dem Club habe ich es zu verdanken, dass sie weiter einen Vater haben.“
M. Hertlein
Mehr zur Absturz-Katastrophe lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ vom Donnerstag, 4. Juni.