Staatsanwaltschaft will kein Ende des "Goldfinger"-Prozesses

Augsburg (dpa/lby) - Im "Goldfinger-Prozess" vor dem Augsburger Landgericht geht es nach Ansicht der Ankläger um Steuerhinterziehung von mehreren 100 Millionen Euro, von einem Schaden bis zu einer Milliarde ist gar die Rede. Doch bisher haben sich die von der Staatsanwaltschaft zusammengetragenen Vorwürfe für die Kammer kaum bestätigt, weswegen das Gericht eine Einstellung des Mammutverfahrens gegen zwei Angeklagte gegen eine Geldauflage angeregt hat. Doch die Staatsanwaltschaft hält davon gar nichts, wie am Mittwoch vor Gericht deutlich wurde.
Die Staatsanwältin machte klar, dass sie einer Einstellung nicht zustimmen werde und auch nicht weiter darüber verhandeln wolle. Der Prozess, der bereits seit November 2019 läuft, wird nun voraussichtlich bis ins Jahr 2021 fortgesetzt. Ob es dann zu einer Verurteilung der angeklagten Rechtsanwälte und Steuerberater aus München kommen wird, ist nach der jüngsten Entwicklung höchst fraglich.
Es geht um die umstrittenen Steuersparmodelle, mit dem Millionäre früher die Zahlungen an den Fiskus massiv nach unter drücken konnten. Dafür mussten die vermögenden Einkommensteuerzahler im In- oder Ausland mit Gold handeln. Solche Modelle sind nach dem James-Bond-Film "Goldfinger" von 1964 mit Sean Connery und Gert Fröbe benannt und bewegten sich im Graubereich zwischen legalen Steuertricks und illegaler Steuerhinterziehung. Der Gesetzgeber hat inzwischen das Einkommensteuerschlupfloch gestopft. Der Bundesfinanzhof in München hat zudem entschieden, in welchen Fällen "Goldfinger" zulässig war.
Der Vorsitzende Richter Johannes Ballis hatte in dem Augsburger Prozess Ende Mai die Einstellung des Verfahren gegen die Angeklagten, die mehrere Monate in Untersuchungshaft saßen, angeregt. Nach Ansicht des Kammervorsitzenden haben die beiden zwar nicht ganz sauber gearbeitet, den großen Steuerbetrug sah der Richter aber nicht. Die Verteidiger der Beschuldigten haben angeboten, der Einstellung des Verfahrens gegen ihre Mandanten zuzustimmen, wenn die dafür festgelegten Geldzahlungen eher "symbolisch" bleiben.
Doch die Augsburger Staatsanwaltschaft hält von solchen Überlegungen gar nichts. Sie hatte nach der Initiative des Richters im Gegenzug einen Befangenheitsantrag gestellt. Dass die Staatsanwaltschaft Richter ablehnt, ist ein eher seltener Vorgang - sonst reichen normalerweise die Anwälte von Angeklagten solche Anträge ein.
Letztlich machte die Staatsanwaltschaft auch bei dem Befangenheitsantrag alles andere als eine gute Figur. Die Richter des Landgerichts, die über die Vorwürfe gegen ihren Kollegen Ballis zu entscheiden hatten, befanden nämlich am Dienstag, dass der Antrag schon aus formellen Gründen abzulehnen sei - die Staatsanwaltschaft hatte nach ihrer Ansicht schlicht zu langsam gearbeitet.
Denn nach der Strafprozessordnung müssen Befangenheitsanträge "unverzüglich" erfolgen. Konkret hätte die Staatsanwaltschaft spätestens einen Tag nach den kritisierten Äußerungen den Antrag einreichen müssen, die Ankläger ließen sich aber zwei Tage Zeit. Darüber hinaus sah das Landgericht bei der Ablehnung des Antrags auch keine inhaltlichen Gründe, die eine Sorge der Befangenheit von Ballis rechtfertigen.