Spaniens Blüten blühen spät

Kira Primke als Eliza rettet Lerners und Loewes Musical „My Fair Lady“ im Opernhaus vor der Bedeutungslosigkeit
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Sommer-Musical für Nürnberg: Eliza (Kira Primke), Oberst Pickering (Bernhard Dübe) und Higgins (Thorsten Tinney) vor dem Ball.
Berny Meyer Sommer-Musical für Nürnberg: Eliza (Kira Primke), Oberst Pickering (Bernhard Dübe) und Higgins (Thorsten Tinney) vor dem Ball.

Nürnberg - Kira Primke als Eliza rettet Lerners und Loewes Musical „My Fair Lady“ im Opernhaus vor der Bedeutungslosigkeit

Als es endlich soweit ist, verpasst Higgins fast den Moment. Monoton flüstert Eliza wie im Trance „Es grient so grien“ vor sich hin, bis es plötzlich zu grünen beginnt. Higgins fällt der Eisbeutel vom Kopf, und ebenso tastend wie die wachsende Erkenntnis des Erfolges gehen Elizas gemurmelte Worte in Gesang und den Jubelschlager über: „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“.

Bis dahin wird das Publikum des Musicals „My Fair Lady“, als Sommerlochfüller nach „Ol’ Man River“-Publikumserfolgen im Opernhaus für zwei Wochen im Opernhaus abgestellt, auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Die Overtüre mit reichlich unüberhörbarem Schlagzeug blecht nur so aus den Lautsprechern. Wenig später nuschelt das zu idyllisch gewandete Lumpenproletariat unverständlich vor sich hin, und die Tontechnik versagt mehr als einmal an diesem Abend.

Wie gut, dass die Story ums Blumenmädchen Eliza, das vom Sprachprofessor zur Dame erzogen wird und ihm wiederum als selbstbewusste Frau eine Lektion erteilt, ohnehin jeder kennt. Gerade deshalb wären die sich zunächst öde dahinschleppenden Dialoge eine Straffung wert gewesen. Doch je mehr sich die Langläufer-Inszenierung des vor Jahren verstorbenen Dick Price von der Chargier-Panoptikum der Bettler in die besseren Kreise verlagert, desto mehr Möglichkeiten für subtile Momente ergeben sich.

Wie die Auftritte von Kira Primkes Eliza. Ein Kabinettstück, wenn sie, verpackt wie ein Bonbon, beim Pferderennen den auswendig gelernten Phrasen ihr Gossendeutsch beimischt. Ihr kraftvoll warmer Mezzosopran mit berührenden Pianotönen ist Seelenspiegel und vibrierende Schimpfwaffe in einem. Wenn Eliza nach dem Ball von Higgins und Pickering nicht mehr beachtet wird, spricht ihr zunächst irritierter, dann schmerzvoller Blick Bände.

Um den ganzen Abend zum Strahlen zu bringen, fehlen geeignete Mitstreiter. Wenn Gunther Emmerlich als Elizas Vater den Mund aufreißt, entströmt statt Wohlklang ein raues Bellen. Der oft unverständlich brummelnde Higgins Thorsten Tinneys findet erst in seiner letzten Nummer „Ich bin gewöhnt an ihr Gesicht“ zum eigenen Ton, und Florian Mocks operettenhafter Freddy ist keine ernstzunehmende Lover-Option.

Der Rest sind großgestische, engagiert getanzte Choreographien in zu kleiner Besetzung, zunehmend stilsichere, von Cecil Beaton beeinflusste Kostüme, ein Bühnenbild, das sich in seiner ausgestellten Gemaltheit selbst nicht zu ernstnimmt. Unter Rudolf Geri findet das Orchester zu schmissiger Routine und lyrischen Tönen. Wer nach der Pause kommt, wird einen soliden Musicalabend erleben und schafft es vorher noch ins Schwimmbad. Georg Kasch

Bis 10. August täglich außer Di. Karten unter 0180-5231 600

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