Sozial-Experiment: Professor trifft Obdachlose

Nürnbergs Obdachlosenheime werden zu Hörsalen. Deutschlands erste Uni für Wohnungslose hat begonnen.
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Dozent der Obdachlosen-Uni: Professor Hans Kudlich beantwortete am Mittwoch die Frage: „Wozu brauchen wir Gesetze?"
bayernpress.com Dozent der Obdachlosen-Uni: Professor Hans Kudlich beantwortete am Mittwoch die Frage: „Wozu brauchen wir Gesetze?"

Nürnbergs Obdachlosenheime werden zu Hörsalen. Deutschlands erste Uni für Wohnungslose hat begonnen.

NÜRNBERG Ein heikles Projekt, das war den Veranstaltern von Anfang an klar. Obdachlose und Uni? Da passt was nicht ins gesellschaftliche Bild. Warum aber sollten Obdachlose nicht ein Recht auf anspruchsvolle Bildung haben? Das fragte sich der Straßenkreuzer Verein und rief Deutschlands erste Obdachlosen-Uni ins Leben. Jetzt startete das erste Semester der „Straßenkreuzer-Uni“ mit einer Vorlesung zum Thema „Wozu brauchen wir Gesetze?“

Soziale Randgruppen treffen hier mit Menschen zusammen, die ihnen im Alltag eher selten begegnen: Obdachlose mit Professoren, Akademikern und Ärzten, die ihnen wissenschaftliche Stoffe lebensnah vermitteln sollen. Für die Dozenten nicht die einzige Herausforderung. Denn die Vorlesungen finden auf ungewohntem Terrain statt – in städtischen Obdachlosenheimen. „Wann kommt ein Uni-Professor schon mal in eine Notschlafunterkunft?“, freut sich Straßenkreuzer-Redakteurin Ilse Weiß.

Für die drei Vorlesungsreihen – „Neue Medien“, „Recht und Gesetz“ und „Ernährung“ – stellten sich trotzdem ohne Wenn und Aber acht Dozenten zur Verfügung. Darunter auch bekannte Nürnberger wie Hartmut Frommer, der ehemalige Rechtsreferent der Stadt. Wie viele der rund 1400 Nürnberger Obdachlosen die Uni besuchen werden, bleibt abzuwarten. Frank Hummert von der Heilsarmee: „Die Leute machen oft einschüchternde Erfahrungen, wenn sie um Hilfe bitten.“ Weiß betont: „Deshalb wollen wir die Hemmschwelle so gering wie möglich halten.“ Für die „Studenten“ gibt es keine Noten, Prüfungen oder Abschlussarbeiten. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos.

Ein buntes Publikum fand sich nun im Heilsarmee-Sozialwerk in Gostenhof ein. Viele der 70 Hörer waren so begeistert, dass sie auf jeden Fall wieder kommen.

Unter den Wohnungslosen finden sich alle Bildungsschichten, vom Maurer bis zum Zahnarzt. Ilse Weiß: „Man sollte diese Leute nicht abschreiben.“ Das ist auch Botschaft dieser „Uni“. mp

Das Sommersemester geht noch bis Juli. Alle interessierten Nürnberger sind ebenfalls eingeladen! Infos zum Vorlesungsprogramm auf www.strassenkreuzer.info oder unter Tel. 0911/4597636.

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