"Sollten mal den Grundkurs Strafprozessordnung besuchen!": Richterin im Mordprozess Hanna richtet sich an die Verteidigerin

Traunstein/Aschau - "Sie sollten mal den Grundkurs Strafprozessordnung besuchen!", sagt die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler an Verteidigerin Regina Rick gerichtet. Dass der Ton im Mordprozess gegen Sebastian T. im sogenannten Eiskeller-Mord am Landgericht Traunstein rau geworden ist, ist nichts Neues. Der 28. Prozesstag ist da keine Ausnahme.
Seit Wochen beschäftigen sich die Prozessbeteiligten in Traunstein hauptsächlich mit Beweisanträgen der Verteidigung des 22-Jährigen, der die 23-jährige Hanna W. am 3. Oktober 2022 aus sexuellen Motiven getötet haben soll. Der Erkenntnisgewinn ist jedoch dürftig. Für das Gericht wäre die Beweisaufnahme im Verfahren sogar schon erledigt, wie Aßbichler am Dienstag sagte.
Und ewig grüßt das Murmeltier? Sachverständige waren schon mehrfach da
Bereits mehrfach waren Andreas Malcherek, Professor für Hydromechanik und Wasserbau an der Universität der Bundeswehr, und Jiri Adamec, Mitarbeiter am Institut für Rechtsmedizin an der LMU, geladen. Am Dienstag soll geklärt werden, ob Hannas ungewöhnliche Verletzungen vielleicht von einem Rechen an einem Wehr gekommen sein könnten.
Um es auf den Punkt zu bringen: nein. Malcherek hat dies mit einem Kollegen ausprobiert, aber es wäre nur "eine Schulter betroffen". Hannas Verletzungen waren aber auffällig symmetrisch. Adamec schließt sogar nach Malchereks Ausführungen, dass er die Geschwindigkeit im Gutachten überschätzt habe. Denn der Körper sei wahrscheinlich eher am Rand abgetrieben worden, wo die Fließgeschwindigkeit deutlich niedriger sei.
Beweisantrag schadet Angeklagtem
"Die Annahmen des Gutachtens bleiben bestehen"; sagt Adamec. Und fügt hinzu: "Dass bei dieser Geschwindigkeit Frakturen geschehen, halte ich für sehr unwahrscheinlich." Der eigene Beweisantrag der Verteidigung führt wieder einmal dazu, dass ihr Mandant schlechter dasteht als vorher.
Wie kann es sein, dass Wahlverteidigerin Regina Rick solche Fehler macht? War sie doch diejenige, die den angeblichen Badewannen-Mörder Manfred Genditzki aus dem Knast geholt hatte - durch ein Gutachten. Oder hatte sie einfach nur Pech und es ist doch mehr dran, an ihren Hypothesen? In einem neuen Beweisantrag fordert sie, dass nochmals ein Experte gehört wird zum Abfall der Akkutemperatur von Hannas Handy. Im günstigsten Fall kann für ihren Mandanten nachgewiesen werden, dass für einen Mord schlicht keine Zeit war. Nur wurden auch dazu schon LKA-Experten gehört.
Abgesehen davon wäre auch möglich, dass der Angeklagte Hanna das Handy aus der Hand gerissen und in den Bärbach geworfen haben könnte, bevor Hannas eigentlicher Todeskampf losging. Offenbar hängt die Verteidigung immer noch an der Unfall-These, die für Walter Holderle, Anwalt von Hannas Eltern, die als Nebenkläger auftreten, längst vom Tisch ist. Schließlich hätte Hanna in dem Fall noch aus dem Wasser einen Notruf absetzen müssen.
Gesucht: Entlastende Beweise
Findet Rick also noch die Nadel im Heuhaufen, um ihren Mandanten zu entlasten? Sie zieht dabei jedenfalls alle Register. Den Knastzeugen, dessen Unterlagen die Prozessbeteiligten aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes im Selbstleseverfahren ansehen sollten,entblößt sie in einem Beweisantrag. Nun hat jeder im Gerichtssaal, auch Nichtbeteiligte, gehört, warum der Mann sitzt.
Holderle hatte sich bisher immer zurückgehalten, seine Kollegin öffentlich zu schelten. Bis jetzt: "Was da teilweise von der Kollegin an den Tag gelegt wird, das befremdet mich wirklich."