Söder kippt die einrichtungsbezogene Impfpflicht

München - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will nicht nur die Maßnahmen im Corona-Abwehrkampf lockern, sondern auch die geplante Impfpflicht für Bedienstete im Gesundheitswesen vorerst nicht umsetzen. Es werde "großzügigste Übergangsregelungen" geben, was "de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft", sagte der CSU-Vorsitzende am Montag nach einer Videoschalte des CSU-Vorstands.
Nach den Worten von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) könnte die Impfpflicht zumindest für Neulinge in Gesundheitseinrichtungen durchaus von Beginn an greifen. Bei "Bestandskräften" brauche es dagegen Übergangszeiten - er brachte eine Frist bis zum 30. Juni ins Gespräch.
Übergangsfristen für Impfpflicht erforderlich
Zuvor hatte auch Sachsen angekündigt, "vertretbare Umsetzungsregelungen" schaffen zu wollen. Andere Bundesländer halten Übergangsfristen ebenso für erforderlich, um die Gesundheitsämter in die Lage zu versetzen, eine Impfpflicht realisieren und kontrollieren zu können. Die Gesundheitsminister der Länder hatten am 22. Januar beschlossen, eine "Umsetzungszeit" sei notwendig - ohne deren Länge zu konkretisieren. Die "einrichtungsbezogene Impfpflicht" sollte ab dem 15. März greifen.
Laut Söder wird das Bayerische Kabinett am Dienstag auch Lockerungen beschließen: Diese betreffen körpernahe Dienstleistungen sowie die Gastronomie. Angesichts der anhaltend moderaten Zahlen bei den Einweisungen in die Krankenhäusern verkündete Söder ein Ende des "Starrens auf die Inzidenz", die nicht mehr entscheidend für Infektionsschutzmaßnahmen sei. Einziger Maßstab sei jetzt die Belastung der Krankenhäuser. Obwohl Bayern die höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen aller Bundesländer aufweise, seien die Intensiv-Betten im Vergleich zum Stand vom Dezember nur zu einem Drittel mit Covid-Patienten belegt.
Markus Söder: Aus "Team Vorsicht" wird "Team Hoffnung"
Der Kurswechsel hin zu einer Strategie der "sanften und kontrollierten Öffnungen" sei geboten, weil das herrschende Omikron-Virus nicht mit der Delta-Variante zu vergleichen sei. Neben dem "Team Vorsicht" müsse man nunmehr auch das "Team Hoffnung" vorzeigen, so Söder.
Die Seuchenpolitik des Bundes geht dem bayerischen Ministerpräsidenten "zu zäh" voran. Der Kurs der Bundesregierung in der Impfkampagne sei "relativ uninspiriert". Ein wichtiges Signal wäre es, den Genesenenstatus wieder auf sechs Monate zu verlängern. Auch der Umgang der Ampel-Koalitionäre mit dem Chef des Robert-Koch-Instituts Lothar Wieler vermittele "keine klare Linie", kritisierte der CSU-Chef.
Die CSU richte sich organisatorisch auf die "Zeit nach Corona" ein, so General Markus Blume. Der Politische Aschermittwoch am 2. März soll in Gestalt einer geschrumpften Veranstaltung mit höchstens 200 Teilnehmern über die Bühne gehen, jedenfalls nicht mehr in Form einer Ein-Mann-Show vor der TV-Kamera wie im letzten Jahr. "Das", so Söder, "mache ich nicht mehr."
"Laxe Vollzugsregeln": Lauterbach kritisiert Söder
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kritisierte die Ankündigung Bayerns, die gesetzliche Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen vorerst nicht umzusetzen. "Laxe Vollzugsregeln der einrichtungsbezogenen Impfpflicht können nicht nur das Leben der älteren Menschen mit schwachem Immunsystem gefährden", sagte er.
Bayern hintertreibe den gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern und das von CDU/CSU breit mitgetragene Gesetz, sagte zudem die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens. Die Grünen, kündigte die designierte Vorsitzende Ricarda Lang an, wollen an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht festhalten.