Söder in Afrika: Bayerische Unterstützung für Äthiopien

Addis Abeba - Der Kampf gegen den Klimawandel, Bildungsprojekte und Wirtschaft – unter diese Schlagworte hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den ersten Tag seines Äthiopienbesuchs gestellt. Das ostafrikanische Land leidet besonders unter den Folgen der Erderwärmung.
Kirchenwälder tragen zum Erhalt der Artenvielfalt bei
Durch wachsende Bevölkerung und die hohe Abhängigkeit der Wirtschaft vom Rohstoff Holz haben die Wälder stark gelitten – lediglich zwei Prozent der ursprünglichen Gehölze sind übrig – in weiten Teilen des Landes sind sie ganz verschwunden. Es gibt aber Ausnahmen: Die orthodoxe Kirche ist zu einer Art Hüter des Waldes geworden. Sie schützt die Wälder um ihre Kirchen und Klöster und leistet damit einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Insgesamt gibt es in Äthiopien Schätzungen zufolge 2800 Hektar Kirchenwälder.
In Bole Bulbula, am Stadtrand der Millionenmetropole Addis Abeba, informierte sich Söder über das dortige Kirchenwaldprojekt. 42 Hektar Wald stehen hier unter dem Schutz der Kirche. Unterstützt wird dieses Projekt von der Hilfsorganisation "Brot für die Welt". Umgeben von Bäumen steht eine kleine Wellblechkirche, im düsteren Innenraum beten Gläubige vor Heiligendarstellungen. In den Bäumen rund herum tummeln sich Meerkatzen und Affen. Ein Bachlauf spendet angenehme Kühle. "Wälder können helfen", meint Söder mit Blick auf den Klimawandel.
Äthiopiens Entwicklung braucht wirtschaftliche Hilfe
Äthiopien ist im Wandel begriffen. Der neue Regierungschef Abiy Achmed Ali will das afrikanische Land zu einer pluralistischen Demokratie umbauen und das Land ökonomisch voranbringen.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Höhe von 873 US-Dollar gehört es nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt.
"Das Land ist auf dem Weg in die Demokratie und braucht wirtschaftliche Hilfe", sagt Söder. Das dürfe man aber nicht isoliert sehen. Es müsse gelten, den Klimawandel beherrschbar zu machen. "Wachstum ohne Sinn" dürfe es nicht geben. Söder will auch weg davon, einzelne Entwicklungshilfeprojekte, Wirtschaftsinvestitionen, politische Beziehungen und ökologische Herausforderungen isoliert zu betrachten.
"Alles hängt mit allem zusammen", ist er überzeugt und in diesem Sinne will der Freistaat Bayern seine Beziehungen zu Afrika gestalten. Äthiopien, ein christlich geprägtes Land, mit vielen Perspektiven, vielen Problemen, ist Sitz der Afrikanischen Union und hat damit zentrale Funktion für den gesamten Kontinent.

Staatsregierung unterstützt Forschungsprojekt
Bayern will Äthiopien dabei unterstützen, seine Wälder zu erhalten und neue aufzuforsten. Daher forscht die Technische Universität München (TUM) in Bole Bulbula daran, wie sich die Artenvielfalt in dem Wald entwickelt und welche Bäume und andere Pflanzen sich für Aufforstungsprojekte eignen. Die Staatsregierung unterstützt das Forschungsprojekt vor Ort mit bis zu 250 000 Euro in den nächsten drei Jahren.
Um gleich ein praktisches Zeugnis für die Zusammenarbeit abzulegen, pflanzte Söder einen Baum im Kirchenwald.
Weiter geht es, zurück in die Innenstadt, über teils unbefestigte, von tiefen Schlaglöchern übersäte Straße. In der "German Church School" (Deutsche Kirchenschule) lernen rund zehn Prozent behinderte Kinder zusammen mit nicht-behinderten. Die meisten leiden unter Augenproblemen, bis hin zur völligen Blindheit. Das Inklusionsprojekt wird getragen von der evangelischen Kirchengemeinde in Addis Abeba.

Solarkollektor für Inklusionsschule
"Ausbildung ist das Wichtigste", sagt Söder vor Vertretern der Gemeinde. Und auch hier gibt es praktische Hilfe. Zusammen mit einem nicht genannte Stifter finanziert der Freistaat einen Solarkollektor für die Schule. Dieser soll im von häufigen Stromausfällen geplagten Addis Abeba einen weitgehend ungestörten Schulbetrieb gewährleisten. "Erneuerbare Energie ist die Energie der Zukunft, hier ist sie Energie für Bildung." Das Volumen des Projekts beträgt insgesamt 80 000 Euro.
Wie der Inklusionsunterricht funktioniert, kann sich Söder in einem Klassenzimmer ansehen. Hier lernen Schüler Blindenschrift. Im Innenhof führt eine Gruppe Selbstverteidigungstechniken vor. Und dann eine Überraschung für Söder: Ein Schülerinnenchor singt die Bayernhymne. Im Anschluss schaut Söder bei einem bayerisch-äthiopischen Wirtschaftsforum vorbei, bevor er das Bayerische Afrikabüro eröffnet, das künftig die Aktivitäten des Freistaats in ganz Afrika koordinieren soll.
Kritik aus dem Landtag
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sollte mit dem Ministerpräsidenten nach Äthiopien reisen, hat aber abgelehnt. "Entscheidend für mich ist immer: Was geschieht vor Ort, was kommt dabei rum?", sagte er der AZ. Er habe mehrmals um ein Besuchsprogramm für die Delegationsreise gebeten, aber keines erhalten. "Schließlich erfahre ich über die Medien: Es geht primär um die Förderung der Bayerischen Wirtschaft. Das ist legitim – aber ich setze mich nicht in den Flieger, um zusätzliche Absatzförderung in einem Schwellenland zu betreiben, bei dem wir schon heute einen 25-fachen Außenhandelsüberschuss haben." Er hätte sich für Afrika andere Anliegen gewünscht: wirksame Entwicklungshilfe und Fluchtursachenbekämpfung.
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