Söder: Europa muss mehr Verantwortung in Afrika übernehmen

Erstmals reist mit Markus Söder ein bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef nach Äthiopien. Für ihn ist ganz Afrika ein «unterschätzter Nachbar» im Süden, dem nicht nur wegen der Flüchtlingsströme besser geholfen werden muss.
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Foto: Sven Hoppe/Archivbild
dpa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Foto: Sven Hoppe/Archivbild

Addis Abeba (dpa/lby) - Europa muss in der Migrationsproblematik auf dem afrikanischen Kontinent nach Ansicht von CSU-Chef Markus Söder mehr Verantwortung übernehmen. "Viel zu lange hat Europa weggeguckt und die örtlichen Herausforderungen bei der Zuwanderung ignoriert. Das muss in eine bessere Balance gebracht werden", sagte der bayerische Ministerpräsident vor seiner Abreise nach Äthiopien am Sonntag.

Mit Blick auf die Chancen, die aufstrebende Länder ausländischen Investoren bieten, betonte Söder zudem, dass es nun wichtig sei, die Chancen nicht nur anderen zu überlassen. Insbesondere China ist seit Jahren in Afrika sehr aktiv. Peking sichert sich nicht nur Rohstoffe, sondern investiert kräftig in große Infrastruktur-Projekte - von einer neuen Bahn in Kenia bis zu Staudämmen in Äthiopien.

Knapp fünf Tage soll die erste große Auslandsreise Söders seit seiner Wahl zum Regierungschef dauern. Wichtigste Punkte auf seiner Reise sind politische Gespräche mit Vertretern der äthiopischen Regierung und ein Besuch im wohl größten Flüchtlingslager des Landes. Im Refugee Camp Nguenyyiel im Südwesten Äthiopiens leben offiziell mehr als 97 000 Menschen - die meisten geflohen vor dem schrecklichen Bürgerkrieg im Nachbarland Südsudan.

Äthiopien gilt als eines der wichtigsten Länder Afrikas. Politisch wie wirtschaftlich verspricht es Chancen: Der ostafrikanische Staat mit 100 Millionen Einwohnern weist ein rasantes Wirtschaftswachstum auf und hat großen Einfluss auf Migrationsströme. Zudem erlebt das Land einen raschen demokratischen Wandel, der es zum der Stabilitätsanker des Kontinents werden lässt.

Lange wurde Äthiopien mit harter Hand regiert. Doch vor einem Jahr kam ein neuer, junger Regierungschef an die Macht. Seitdem hat der als Superstar bezeichnete Abiy Ahmed viele Reformen angestoßen: Von der Aufhebung eines Ausnahmezustands bis zur Freilassung politischer Gefangener und der Ankündigung, Anteile von Staatsunternehmen verkaufen zu wollen.

"Klar ist, wir brauchen eine Afrikapolitik in Europa, in Deutschland und auch für Bayern. Das ist nicht nur wegen der Fluchtursachen, sondern auch wegen der wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung unser nächster Nachbar, der viel zu lange unterschätzt wurde", sagt Söder. Deswegen sei es für Bayern wichtig, ein neues Kapitel aufzuschlagen und die guten internationalen Beziehungen, die Bayern bereits habe, auch auf Afrika auszuweiten. "Wir können nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ethisch daran arbeiten, wie wir unsere Kontakte in der Welt verbessern."

In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba will Söder dazu etwa am Montag das erste Afrikabüro des Freistaats gründen. Hier, so die Hoffnung, soll interessierten Unternehmen aus Bayern bei ihren Fragen rund um Investitionen und Geschäfte in Afrika geholfen werden. Umgekehrt sollen auch Afrikaner, die auf der Suche nach Investoren sind, darin unterstützt werden, in Bayern fündig zu werden. "Wir werden uns auch sehr bewusst dafür einsetzen, die Lebenssituation vor Ort zu verbessern", betonte Söder.

Er meint damit nicht nur die Entwicklung von Schulpatenschaften oder die Unterstützung von Flüchtlingslagern: "Wasserknappheit, der Rückgang von Wäldern und Bodenerosion sind Ausdruck des Klimawandels und erheblicher Umweltprobleme Äthiopiens." Außerdem sei Äthiopien zentrales Transitland für Flüchtlinge.

Auch wenn Bayern nur ein Bundesland sei, könne es viel bewegen, auch weil es in Abstimmung mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) agiere. "Aber natürlich ist Bayern eine Marke in der Welt. Wir sind wirtschaftlich sehr wichtig. Das heißt, für unsere Unternehmen gibt es Möglichkeiten zu investieren", sagte Söder. Der Grundstein dafür soll bei dieser Reise gelegt werden, rund 40 Unternehmer sind mit einer Wirtschaftsdelegation zeitgleich in Äthiopien.

Lange wurden große Teile Afrikas von europäischer Seite nur als Problemzonen in Sachen Flüchtlingszustrom gesehen. Die meisten Länder galten wegen Korruption, Konflikten und autoritären Regierungen als zu heikel für Wirtschaftsbeziehungen. Nun wandelt sich auch hierzulande langsam das Bild Afrikas.

Äthiopien ist dabei einer der aussichtsreichsten Player. Das Land gilt zwar noch immer als eines der ärmsten der Welt - auf einem UN-Index steht es an 173. Stelle von 189 Ländern. Nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch, in den Städten bei rund 16,7 Prozent. Knapp zwei Drittel der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Doch der Staat kann das größte Wirtschaftswachstum Ostafrikas vorweisen - für 2019 mit einem prognostizierten Wachstum von 7,2 Prozent.

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