So will die bayerische Regierung Sextäter bekämpfen

Wegen des Anstiegs von Sexualstraftaten will die Landesregierung nun verstärkt gegen dagegen vorgehen. Am Mittwoch stellte Inninminister Joachim Herrmann die Maßnahmen vor.
von  sx
Innenminister Joachim Herrmann.
Innenminister Joachim Herrmann. © dpa

Wegen des Anstiegs von Sexualstraftaten will die Landesregierung nun verstärkt dagegen vorgehen. Am Mittwoch stellte Inninminister Joachim Herrmann die Maßnahmen vor.

München - Fast 50 Prozent mehr Fälle von sexueller Nötigung und Vergewaltigung sind in Bayern im ersten Halbjahr 2017 angezeigt worden als im Vorjahreszeitraum (AZ berichtete). Jetzt will das Land gezielter dagegen vorgehen. Inninminister Joachim Herrmann und Justizminister Winfried Bausback (beide CSU) haben am Mittwoch ein Sieben-Punkte-Programm zur Bekämpfung von Sexualstraftaten vorgestellt.

So sollen die Straftaten bekämpft werden

Maßnahmen der Polizei: Die Polizei soll stärker präsent sein an Brennpunkten und bei öffentlichen Veranstaltungen. Weiterhin soll es konsequente Kontrollen in und im Umfeld von Asylbewerberunterkünften geben. "Zur Steigerung des Sicherheitsgefühls werden wir darüber hinaus auch verstärkt unsere Sicherheitswachtstreifen als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort einbinden", so Herrmann.

Fahndungs- und Ermittlungsarbeit: Sexualstraftäter sollen umgehend festgenommen werden, um damit weitere Straftaten zu verhindern. Die hervorragenden Aufklärungsquoten seien Beleg für die hochengagierte Arbeit der Bayerischen Polizei, so Herrmann.

Mehr Videoüberwachung: Die Videoüberwachung vor allem an Kriminalitätsbrennpunkten im öffentlichen Raum soll laut Herrmann weiter ausgebaut werden: "Unsere Schwerpunkte sind vor allem mehr festinstallierte und mobile Videoüberwachungsanlagen der Polizei sowie der weitere Ausbau der Videoüberwachung gerade im Öffentlichen Personenverkehr."

Umfassende Präventionsmaßnahmen: Herrmann zufolge wird die Bayerische Polizei den Kontakt zu den Unterkunftsverwaltungen, Helferkreisen und den Sicherheitsdiensten von Asylunterkünften noch enger knüpfen. "Dazu gehört insbesondere, die Mitarbeiter vor Ort zu sensibilisieren, wenn dort beispielsweise übermäßig Alkohol konsumiert wird, Verdächtiges passiert oder sich Straftaten anbahnen", sagte Herrmann. "Dadurch erhoffen wir uns wertvolle Hinweise, damit die Polizei noch schneller reagieren und eingreifen kann, bevor etwas passiert." Wichtige Präventionsangebote hätten auch Sozialbehörden oder Jugendämter.

Konsequente Abschiebungen: "Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, ausländische Sexualstraftäter schnellstmöglich in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken", so Herrmann. "Verurteilte und vollziehbar ausreisepflichtige ausländische Straftäter müssen aus der Strafhaft heraus abgeschoben werden." In der kommenden Legislaturperiode wolle er sich für eine weitere Verschärfung des Ausweisungsrechts einsetzen.

Rechtsänderungen: Geht es nach Herrmann, soll bei jeder erkennungsdienstlichen Behandlung von Straftätern auch eine DNA-Entnahme und -Analyse stattfinden. "Das hilft den Ermittlern, beispielsweise spätere Sexualdelikte schneller aufzuklären und Täter dingfest zu machen." Gleichzeitig sollen die DNA-Analysemöglichkeiten von Tatortspuren auf Augen-, Haar- und Hautfarbe, biologisches Alter sowie biogeographische Herkunft ausgeweitet werden. Es liege auf der Hand, dass dies entscheidend dazu beitragen kann, Täter besser aufzuspüren, sagte Bausback. "Und auch im materiellen Strafrecht besteht nach wie vor Handlungsbedarf: Es muss künftig ganz klar im Gesetz stehen: Eine kulturelle oder religiöse Prägung des Täters darf keine Strafmilderung rechtfertigen. Wer also in kultureller oder religiöser Verblendung schwere Straftaten, insbesondere Sexualstraftaten, begeht, darf nicht auf die Nachsicht unserer Rechtsgemeinschaft hoffen", so der Justizminister. Außerdem sei es aus Sicht Herrmanns erforderlich, Möglichkeiten zur Kommunikationsüberwachung stärker nutzen zu können.

Konsequente und zügige Strafverfolgung: "Die konsequente Verfolgung und Ahndung von Straftaten - und ganz besonders auch der Sexualstraftaten - gehört zum Markenkern unseres Rechtsstaats. Hier gehen unsere Staatsanwälte schon immer mit aller Konsequenz vor. Die bayerische Justiz greift durch und wird dies auch in Zukunft tun", sagte Bausback.

Deshalb sind die Zahlen so sprunghaft angestiegen

Wie berichtet, ist die Zahl der Sexualdelikte in Bayern insgesamt von 2.942 (1. Halbjahr 2016) um 18,5 Prozent auf 3.485 Delikte (1. Halbjahr 2017) angestiegen. Im Bereich der Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen im besonders schwerem Fall kam es zu 685 Fällen (+47,9 Prozent).

Der sprunghafte Anstieg der Zahlen liegt zum Teil allerdings daran, dass es zum 10. November 2016 eine Änderung im Strafrecht gab: Die Neufassung umfasst jetzt neben Vergewaltigung auch den sexuellen Übergriff sowie die sexuelle Nötigung. Als Innenminister Herrmann am Dienstag vergangener Woche von einer Zunahme von 48 Prozent im Bereich der Vergewaltigungen gesprochen hatte, waren dabei auch die Fälle von sexueller Nötigung miteingerechnet. Was die Zahl ebenfalls ansteigen ließ: eine erhöhte Anzeigebereitschaft der Öffentlichkeit, so hieß es aus dem Innenministerium.

In der Gruppe der tatverdächtigen Zuwanderer ist die Zahl der Delikte der Statistik nach im Vegleich zum Vorjahr angestiegen: von neun auf 17 Fälle. In der Gruppe der tatverdächtigen Deutschen ist die Zahl der Delikte gesunken, von 25 auf 20 Fälle. Ebenso in der Gruppe der tatverdächtigen Nichtdeutschen (ohne Zuwanderer): von elf auf acht Fälle. Herrmann: "Eine Expertengruppe der Bayerischen Polizei arbeitet derzeit mit Hochdruck an weiteren Analysen. Diese Ergebnisse fließen dann selbstverständlich auch in unsere Bekämpfungsmaßnahmen ein."

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