So wehrt sich Franken gegen Nazi-Terror
Rechtsextreme beißen auf Granit: Die Gedenk- Kundgebungen für Rudolf Heß blieben verboten! 2000 Menschen demonstrierten in Warmensteinach. In Wunsiedel fand der „Tag der Demokratie“ statt.
WARMENSTEINACH/WUNSIEDEL Zum ersten Mal in seinem Leben läuft Günter Hartmann bei einer Demo mit. „Um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen“, betont der 70-Jährige. Unterstützt wird der gebürtige Warmensteinacher dabei von der ganzen Familie. „Inklusive der Enkelkinder sind wir zu sechst“, sagt Hartmann stolz. Gemeinsam mit seiner Tochter trägt er ein Transparent. Darauf steht: „Herz ist Trumpf. Braun ist Sumpf“.
Bunte Transparente gegen braune Störenfriede
Innerhalb nur einer Woche formierte sich in Warmensteinach im Fichtelgebirge massiver Protest: Rund 2000 Menschen gingen am Samstag mit bunten Transparenten auf die Straße, um friedlich gegen den geplanten Verkauf der Traditionsgaststätte Puchtleran den Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger zu demonstrieren. Der NPD-Funktionär aus Hamburg hatte eine private Gedenkfeier für Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß im Ort angesetzt, doch das Treffen wurde gerichtlich verboten. Polizei schützte die 2700-Einwohner-Gemeinde vor den Rechtsextremen.
Ein „Tag der Demokratie“ mit rund 400 Teilnehmern fand zeitgleich im 20 Kilometer entfernten Wunsiedel statt. Hier ist Rudolf Heß beigesetzt. Rechtsextreme hatten in der Vergangenheit zum 17. August, dem Heß-Todestag, braune Gedenkmärsche in dem Fichtelgebirgsstädtchen veranstaltet. Diese Treffen der rechten Szene sind seit 2005 verboten.
Auch Ausweich-Veranstaltungen untersagt
Mit Bürgerfest und Politikerreden im Kurpark ging der Protest in Warmensteinach weiter. „Die Zivilcourage im Ort ist groß. Ihr habt sofort gehandelt, als es notwendig wurde“, lobte Bürgermeister Andreas Voit die Einwohner. „Schweigen und ohnmächtig zusehen, ist der falsche Weg.“ Empört zeigte sich Voit über den Verkäufer der Immobilie, Peter S., einen Gymnasiallehrer aus München, der in Warmensteinach aufgewachsen ist: „Dieser Mensch hat seine Heimat verraten, alles wegen des schnöden Mammons.“
Protest-Organisatorin Johanna Langner betonte: „Wir wollen hier keine NPD. Diese kranken Gedanken dürfen nicht in die Köpfe und Herzen unserer Kinder vordringen.“
Die Protestveranstaltung war in vollem Gange, als ein Auto mit Bayreuther Kennzeichen in die Polizeikontrolle am Ortseingang rollte. Besetzt mit fünf Rechtsradikalen, die Sturmhauben, Pfeffersprays und Schlagringe mit sich führten. Die Männer erwartet jetzt eine Anzeige nach dem Waffengesetz.
Bereits am Freitag hatten vier Neonazis Platzverweise kassiert. Spontan beantragte Ausweich-Veranstaltungen der NPD im Raum Erlangen/Forchheim und im thüringischen Sonneberg wurden von den Behörden untersagt.
Andrea Herdegen/Ralph Hub