So viel Sarrazin steckt in Nürnberg

Krimineller, ärmer, dümmer, ghettoisiert: Die Thesen von Thilo Sarrazin über eine migrantische – muslimische – Unterschicht in Deutschlands Städten sorgen seit Wochen für Furore. Die AZ überprüft an Statistiken, wie es hier mit der Integration bestellt ist.
von  Abendzeitung
Löste mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ eine scharfe Debatte aus: Thilo Sarrazin.
Löste mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ eine scharfe Debatte aus: Thilo Sarrazin. © dpa

Krimineller, ärmer, dümmer, ghettoisiert: Die Thesen von Thilo Sarrazin über eine migrantische – muslimische – Unterschicht in Deutschlands Städten sorgen seit Wochen für Furore. Die AZ überprüft an Statistiken, wie es hier mit der Integration bestellt ist.

Greifen Sarrazins Thesen in Nürnberg? Wie ist es hier mit der Integration bestellt? Zunächst einmal lässt sich zur Bevölkerungsentwicklung folgendes feststellen: Nürnberg ist seit der Jahrtausendwende eine kontinuierlich wachsende Großstadt mit knapp 504000 Einwohnern. 84500 von ihnen haben keinen deutschen Pass, die meisten von ihnen – 34320 – sind zwischen 25 und 45 Jahre alt.

Viele Migranten sind längst deutsche Staatsbürger

Viele Migranten sind allerdings längst deutsche Staatsbürger: Der Gesamtanteil von „Menschen mit Migrationserfahrung“ liegt nach Angaben der Bundeszentrale für Politische Bildung im Jahr 2005 bei 36,1 Prozent. Damit rangiert Nürnberg im deutschen Städtevergleich nach Stuttgart und Frankfurt auf Rang 3 und weit vor Berlin (22,2 Prozent, Rang 9). Bei den unter Fünfjährigen liegt der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in Nürnberg gar bei 67 Prozent.

Bei den Ausländern ohne deutschen Pass stammen 34,9 Prozent aus EU-Ländern

Bei den Ausländern ohne deutschen Pass stammen 34,9 Prozent aus EU-Ländern, bei den Nicht-EU-Bürgern liegen die Türken mit 22,6 Prozent an der Spitze. Zum Stichtag 30. Juni 2010 waren in Nürnberg 4308 Kinder (mit Hauptwohnsitz) gemeldet, die im Zeitraum Juli 2009 bis Juni 2010 geboren wurden. Davon waren 1778 (also 41,3%) deutsch ohne Migrationshintergrund, 2208 (also 51,3 %) deutsch mit Migrationshintergrund und 322 (also 7,5 %) nicht deutsch.

Die meisten Mgranten leben in Nürnbergs Westen und Süden

Wo die Migranten leben: Während der Stadtteil Langwasser vor allem bei Aussiedlern aus ehemaligen GUS-Staaten beliebt ist, wohnen die meisten Migranten in westlichen und südlichen innerstädtischen Gebieten: So liegt der Anteil von Migranten in der Südstadt bei 28,8 Prozent, im Gostenhofer Kerngebiet sowie in der Bärenschanze lag er 2005 bei über 42 Prozent.

Migranten, Bildung und Arbeit: Im Schuljahr 2008/09 gab es in Nürnberg insgesamt 4528 Absolventen und Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen.

Welche Schulabschlüsse schaffen Migranten?

Von ihnen erwarben 1412 (also 31,2Prozent) eine allgemeine Hochschulreife, 1294 (28,6%) einen mittleren Schulabschluss und 1332 (29,4%) einen Hauptschulabschluss. 490 (10,8%) von ihnen verließen die allgemeinbildende Schule ohne einen Hauptschulabschluss.

Darunter waren insgesamt 1008 ausländische Absolventen. Von ihnen erwarben 110 (10,9%) eine allgemeine Hochschulreife, 191 (18,9%) einen mittleren Schulabschluss und 490 (48,6%) einen Hauptschulabschluss. 217 (21,5%) blieben ohne Abschluss.

Migranten und Kriminalität

Der Sicherheitsbericht der Stadt und Polizeistatistiken differenzieren nicht in allen Bereichen nach Migrationshintergrund, sondern meist nur nach Nationalität.

77 Personen gelten als jugendliche Intensivtäter

So bewegt sich die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen trotz einer Steigerung um 290 Personen weiterhin bei einem Anteil von etwa 33 Prozent. 20073 Kriminelle wurden auffällig, 6685 davon sind Nicht-Deutsche. Bei ausländischen Tatverdächtigen unter 21 Jahren ergibt sich eine überdurchschnittliche Beteiligung für den Bereich der Gewaltkriminalität, vermeldet die Polizei.

Als „jugendliche Intensivtäter“ sind aktuell 77 Personen registriert, davon 45 Deutsche (20 davon mit Migrationshintergrund) sowie 32 Nichtdeutsche. StW

Termine und Hinweise

Tendenziell rassistisch oder einfach nur ehrlich – „Deutschland schafft sich ab“, das Buch des ehemaligen Berliner Finanzsenators, steht heute am Montag (27. September) zur Diskussion beim Streitgespräch des Bildungszentrums (19 Uhr im Fabersaal, Gewerbemuseumsplatz 2) mit Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und Aiman A. Mazyek, Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland.

Mehr zum Thema - unter anderem ein Interview mit Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly - lesen Sie in ihrer Printausgabe vom Montag, 27. September 2010.

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