So überlebte ich die brutale Schraubenzieher-Attacke

Nach dem Angriff ist Rüdiger B. (59) halb blind. Er kam nur durch ein Wunder davon. Zum Prozess-Auftakt gegen den Täter schildert das obdachlose Opfer sein unfassbares Martyrium
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Legte am Dienstag vor dem Nürnberger Landgericht ein Geständnis ab: Juan M. mit seiner Verteidigerin.
bayernpress.com Legte am Dienstag vor dem Nürnberger Landgericht ein Geständnis ab: Juan M. mit seiner Verteidigerin.

Nach dem Angriff ist Rüdiger B. (59) halb blind. Er kam nur durch ein Wunder davon. Zum Prozess-Auftakt gegen den Täter schildert das obdachlose Opfer sein unfassbares Martyrium

NÜRNBERG/FÜRTH Auf der Überwachungskamera einer Fürther Bankfiliale ist der Mordanschlag auf Rüdiger B. (59) minutiös festgehalten. Szenen von unglaublicher Brutalität! Dass der Obdachlose diese Tortur überlebt hat, grenzt an ein Wunder. Am Dienstag, vor dem Prozess gegen seinen Peiniger, schilderte er der AZ seine Gratwanderung zwischen Leben und Tod.

4. Mai 2009, kurz vor Mitternacht: Rüdiger B. hat im Servicebereich einer Bankfiliale einen warmen Platz zum Schlafen gefunden. Kurz darauf betritt Juan M. (55) den Raum. Auch er ist obdachlos. Die beiden Männer kennen sich von früheren Begegnungen, wechseln einige Worte. Dann geht alles blitzschnell.

Juan M. kniet sich direkt neben Rüdiger B. hin. In der Hand hält er einen Lochstecher, ein schraubenzieherartiges Werkzeug. Mit dem sticht er wie von Sinnen auf den völlig überraschten und wehrlosen Rüdiger B. ein – vier Minuten lang, immer wieder. Später werden Dutzende von Einstichen gezählt, vor allem im Kopfbereich. Der Staatsanwalt sagte gestern vor dem Nürnberger Landgericht: „Es war ein heimtückischer Mordanschlag.“

"Wir haben uns zuvor doch noch ganz normal unterhalten"

Rüdiger B. beschreibt die schlimmsten Augenblicke in seinem Leben so: „Ich dachte, dass meine letzte Stunde geschlagen hat.“ Wieso Juan M. so wütend und hasserfüllt auf ihn losgegangen ist, weiß er nicht: „Wir haben uns zuvor doch noch ganz normal unterhalten.“ Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Täter neidisch auf den vergleichsweise angenehmen Schlafplatz von Rüdiger B. war.

Der hat keine Chance, sich gegen die vielen Stiche zu wehren. Schließlich rammt ihm Juan M. den „Lochstecher“ direkt ins Auge. Auch diesen Augenblick erlebte Rüdiger B. bei vollem Bewusstsein mit: „Das Werkzeug ist stecken geblieben. Ich habe es mir selbst aus dem Auge gezogen. Dann bin ich blutüberströmt zusammengebrochen.“ Passanten, die auf die erbitterte Auseinandersetzung aufmerksam wurden, verständigten die Polizei. Juan M. wurde festgenommen. Sein Opfer landete auf der Intensivstation.

„Drei Monate musste ich im Krankenhaus bleiben. Die Ärzte haben alles versucht, aber mein linkes Auge konnte nicht gerettet werden“, sagte Rüdiger B. geknickt zur AZ. Auf seinem Kopf sind auch noch die zahlreichen Narben der Einstiche zu sehen. Seit der lebensbedrohenden Attacke hat er außerdem mit Herzbeschwerden und Panikattacken zu kämpfen.

Juan M. räumte vor Gericht den Mordanschlag ein, auch wenn er ihn zu beschönigen versuchte. Der Prozess geht am Montag weiter.

Helmut Reister

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