So heftig trifft es Bayern
Die Bundeswehrreform trifft Bayern massiv – Zwar werden nur drei Standorte geschlossen und ein vierter großer so gut wie. Insgesamt fallen aber fast 20 000 Stellen weg. Ministerpräsident Seehofer spricht von schmerzlichen Einschnitten.
München – Die Bundeswehrreform trifft Bayern massiv: Fast 20 000 der 50 700 Dienstposten – also nahezu 40 Prozent – sollen wegfallen. Das geht aus dem neuen Standortkonzept hervor, das Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin vorlegte. Drei Standorte – Fürstenfeldbruck, Penzing und Kaufbeuren - werden komplett geschlossen, Kempten wird ebenfalls fast vollständig dicht gemacht. Andere Standorte werden massiv zusammengestrichen, etwa Donauwörth, Erding und Roth.
Damit wird es im Freistaat künftig nur noch 31 000 Dienstposten geben. Die Zahl der Stellen pro 1000 Einwohner geht von bislang 4,1 auf künftig nur noch 2,5 zurück. Im bundesweiten Vergleich liegt der Freistaat – was die prozentuale Reduzierung der Zahl der Dienstposten angeht – auf Rang drei hinter Schleswig-Holstein und dem Saarland.
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach von „schmerzlichen Einschnitten“. Da denke er in allererster Linie an die betroffenen Familien. Für die Kommunen soll es Hilfen von Bund und Land geben.
"Wiege der Luftwaffe" macht dicht
Zu den bundesweit spektakulärsten Schließungen zählt der als „Wiege der Luftwaffe“ geltende Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck. Dort gibt es derzeit noch 1240 Stellen für Soldaten und Zivilbeschäftigte. In Penzing sind es heute noch 2350, in Kaufbeuren 880. In Kempten sind aktuell noch 870 Dienstposten ausgewiesen. Von den bundesweit sechs großen Standorten mit mehr als 1000 Posten, die dicht gemacht werden, befinden sich damit zwei in Bayern. Die Standorte sollen grundsätzlich bis spätestens 2017 geschlossen werden. Bei Luftwaffen-Standorten ist aber denkbar, dass es etwas länger dauert.
Laut „Donaukurier“ wird auch die Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm (Kreis Pfaffenhofen) geschlossen. Die Kaserne gehöre zum Stützpunkt Manching und tauche deshalb in der Streichliste nicht auf.
Der Standort Donauwörth wird von 1150 auf nur noch 130 Stellen zusammengestrichen, Erding von 1190 auf 220 und Roth von 2820 auf 540. Deutliche Einschnitte gibt es auch in Hammelburg (von heute 2280 auf künftig nur noch 1300), in Manching (von 1780 auf 1230), in München (von 2520 auf 1570) und in Sonthofen (von 1120 auf 590). Kräftige Reduzierungen müssen zudem Untermeitingen (von 1620 auf 570), Altenstadt (von 720 auf 190), Amberg (von 460 auf 90) und Füssen (von 1650 auf 1090) hinnehmen. Ausgebaut werden die Standorte Weiden i.d. Oberpfalz und Pöcking.
Kaufbeuren hat noch eine Chance
Das Aus für Kaufbeuren ist nach Darstellung Seehofers aber noch nicht endgültig besiegelt. „Da ist die Türe noch einen Spalt weit offen“, sagte er. Der Verteidigungsminister habe ihm in der Nacht zugesagt, dort eine militärisch-zivile Zusammenarbeit zu prüfen.
Seehofer hob hervor, dass man Standorte etwa in Unterfranken, der Oberpfalz und Niederbayern habe sichern können. Reduktion vor Stilllegung und die Schonung des ländlichen Raums – das seien die Ziele der Staatsregierung gewesen. „Wenn so tiefe Einschnitte anstehen, geht das nicht an Bayern spurlos vorbei“, betonte er. Doch zum Aus für Fürstenfeldbruck, Penzing und Kaufbeuren sagte der Regierungschef: „Das sind Einschnitte, die wehtun, wirklich wehtun.“
Entsetzen bei Kommunen und Parteien
Die von den Standortschließungen betroffenen Kommunen reagierten entsetzt. Die Bürgermeister sprachen von schmerzlichen oder katastrophalen Einschnitten. Der Städtetag und der Landkreistag forderten finanzielle Unterstützung für die betroffenen Kommunen. Seehofer kündigte an, dies werde Thema auf der Kabinettsklausur.
SPD und Freie Wähler griffen die CSU scharf an. SPD-Chef Florian Pronold sagte: „Es war ein kapitaler Fehler von Seehofer und der CSU, das Verteidigungsministerium nach dem Rücktritt von Guttenberg aufzugeben.“ Fraktionschef Markus Rinderspacher lästerte: „Der CSU-Rettungsschirm für die Bundeswehr in Bayern ist nicht aufgegangen.“ Kein anderes Bundesland werde so hart getroffen wie der Freistaat. „Das Gebrüll des bayerischen Löwen wurde in Berlin als drolliges Miauen wahrgenommen.“ Joachim Hanisch (Freie Wähler) fragte: „Warum hat die CSU das zugelassen?“ FW-Fraktionschef Hubert Aiwanger kritisierte, die CSU habe in Berlin wohl kein Gewicht mehr.
Tobias Thalhammer (FDP) hob dagegen den Erhalt von Kasernen im ländlichen Raum hervor. Die Grünen argumentierten, auch Bayern könne sich vor den Folgen der Bundeswehrreform nicht „wegstehlen“.
Auf unter 15 Dienstposten werden auch mehrere kleinere Standorte mit Kreiswehrersatzämtern reduziert, nämlich Bamberg, Deggendorf, Regensburg, Traunstein und Würzburg. Diese werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums künftig nicht mehr als Standort bezeichnet.