So geht es dem Wald in Bayern: "Der Mensch ist zentral"

Borkenkäfer, Trockensommer, Sturmschäden – der Wald hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Zunächst gab es einen kleinen Funken Hoffnung: Im Frühjahr hatte es in Bayern viel geregnet. Zum Start der Wachstumsphase der Pflanzen sei die Wasserversorgung der Wälder optimal gewesen, hieß es von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).
Doch lange Trockenphasen haben unlängst die Probleme wieder verschärft. Waldbrände und Insektenbefall bereiten Sorge. Wie geht es dem Wald wirklich? Die AZ hat bei Experten nachgefragt.
Nicht nur in Bayern: Umwelt der Waldökosysteme verändert sich schnell
Auch wenn die Waldzustandserhebung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2022 kaum Veränderung gegenüber den Vorjahren zeigt, liege der Nadel- und Blattverlust im langjährigen Vergleich auf einem hohen Niveau, sagt Dirk Schmechel von der LWF der AZ. Dies hänge mit den zuletzt trockenen und warmen Jahren zusammen.
Der Klimawandel ist für Schmechel die zentrale Belastung der Wälder in Bayern. Die Umwelt der Waldökosysteme verändere sich sehr schnell. Einzelne Bäume, gerade ältere, können sich also nicht oder nur sehr langsam anpassen.
Hitze und Dürre führen zu Waldsterben
Auch für Ralf Straußberger, Wald- und Jagdreferent beim Bund Naturschutz Bayern, ist die Klimakrise die größte Herausforderung. Hinzu komme die gefährdete Biodiversität, sagt er der AZ. Es gebe etwa zu wenig alte Laubwälder, Höhlenbäume und Naturwälder, die sich ungestört entwickeln können. Für Straußberger versagen die Regierungen beim Klimaschutz. "Die nach wie vor zu hohen CO2-Emissionen führen zu Hitze und Dürre, was das Waldsterben 2.0 auslöst", sagt er.
Borkenkäfer, Schwammspinner und Co. profitierten weiterhin von der Klimaerwärmung und den geschwächten Bäumen und vermehren sich stark. Auch andere Schaderreger wie Pilze nähmen zu. "Die Borkenkäfer können die gestressten Bäume regelrecht 'riechen', so dass diese leicht ein Opfer der Schädlinge werden", sagt Straußberger.
"Forstwirtschaft hat zu lange auf Monokulturen gesetzt"
Erst kürzlich warnte der LWF wieder vor einer massiven Vermehrung der Insekten in den Wäldern. Betroffen seien vor allem Franken und Teile von Niederbayern. Was muss also geschehen, um dem Wald zu helfen? Straußberger sagt: Der Mensch sei zentral. Die Forstwirtschaft habe zu lange einseitig auf Fichten- und Kiefernwälder – sogenannte Monokulturen – gesetzt und das in Gebieten, in denen von Natur aus Laubwälder wachsen würden. Verschärft werden die Probleme durch zu viele Rehe und Hirsche, die kleine Bäumchen auffressen.
"Die bayerische Staatsregierung darf beim Klimaschutz nicht weiter auf der Bremse stehen", so der Experte. Es brauche mehr Mischwälder und Waldverjüngung. Dafür müssten auch die teils stark überhöhten Wildbestände reduziert werden. Immerhin: Die Staatsregierung unterzeichnete kürzlich mit den forstlichen Verbänden einen "Waldpakt" und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte zudem weitere Klimaschutzmaßnahmen etwa zum Schutz der Moore an (AZ berichtete).
"Wälder sind für unsere Daseinsvorsorge unersetzlich"
Schmechel sagt, bei der Waldverjüngung müssten vor allem einheimische Baumarten zum Einsatz kommen, die dem zu erwartenden Klima in 50 oder 100 Jahren noch standhalten. Das werden in weiten Teilen Bayerns vor allem Laubbäume, insbesondere Eichen sein. Wälder seien für unsere Daseinsvorsorge unersetzlich, mahnt Straußberger. Sie kühlen demnach die Landschaft, liefern sauberes Trinkwasser, schützen vor Lawinen, Erosionen und Hochwasser.
Nicht zuletzt seien sie auch die einzige Landnutzungsform, die derzeit noch mehr Kohlenstoff speichert, als sie abgibt. Generell sei der Zustand der bayerischen Wälder im Vergleich zu den anderen Bundesländern aber etwas besser, so Schmechel. Dies liege an der besseren Wasserversorgung durch die Stauwirkung der Alpen.