So feiert Nürnberg die Spielwarenmesse
Große Party bis 22 Uhr in der Innenstadt. Doch im U-Bahnhof Lorenzkirche zeigt sich die Stadt von ihrer trostlosen Seite.
NÜRNBERGNürnberg spielt, und über 200.000 Gäste sollen bis Samstagnacht, 22 Uhr, mitspielen. Die Spielwarenmesse feiert ihren 60. Geburtstag mit einem großen Fest in der Innenstadt. Während auf vier Bühnen in der Fußgängerzone das pralle Spielzeugleben tobt, präsentiert sich die Spielzeugstadt Nürnberg im U-Bahnhof Lorenzkirche von ihrer trostlosen Seite. In den Schauvitrinen, in denen normalerweise die Museen der Stadt für sich werben, herrscht gähnende Leere. Oben hui, unten pfui.
Dr. Musikus, das größte Ein-Mann-Orchester der Welt, machte gestern zum Party-Auftakt Stimmung in der Karolinenstraße. Dort werden auf der Videowand des N-Ergie-Trucks Filme von der Messe übertragen. Die Normal-Nürnberger, die die Messe nicht besuchen dürfen, bekommen so einen kleinen Eindruck vom größten Spielzimmer der Welt. Dazu tragen auch die Präsentationen großer Spielzeughersteller bei. Lego steht am Lorenzer Platz, Playmobil in der Karolinenstraße, Herpa am Tugendbrunnen und Nintendo am Jakobsplatz. Hier können die kleinen (und großen) Besucher spielen. Auf den vier Bühnen (Karolinenstraße, Pfannenschmiedsgasse, Ludwigsplatz, Lorenzkirche) gibt’s heute viel zu hören (Kapelle Rohrfrei, Samba, The Swinging Barkeepers), zu sehen (Faschingsgarden, Modenschauen, Theater Pfütze) und zu gewinnen.
"Wir Nürnberger müssen uns schämen"
Ein beeindruckendes Bild für die 100.000 Gäste, die wegen der Spielwarenmesse in die Stadt gekommen sind. Wenn da nicht die maroden Vitrinen im Untergrund wären. „Das schaut schlimm aus! Da müssen wir Nürnberger uns doch schämen“, sagt eine Passantin, als die AZ die Schmuddelkästen fotografiert.
Auch die Nürnberger Museums-Macher sind unzufrieden. „Die Vitrinen sind undicht. Wir können hier nur Plakate aber keine wertvollen Stücke zeigen“, sagt Birgit Hohenstein von den städtischen Museen, die vier der zwölf Schaukästen bespielen. Selbst der Einsatz von Bildschirmen, auf denen attraktive Museums-Videos gezeigt werden könnten, sei unmöglich. „Eigentlich müssten die Vitrinen komplett abgerissen und neu aufgebaut werden“, meint Andrea Langer vom Germanischen Museum. Erst dann könnte man sie attraktiv herausputzen.
Geht aber nicht, sagt Susanne Muhlert von der VAG. Denn noch gilt der Urheberschutz des Architekten für den am 28. Januar 1978 eröffneten U-Bahnhof. Heißt: Die Schaukästen dürfen nicht verändert werden. Derzeit wechselt die VAG die Dichtungen aus, putzt die Ablagen und erneuert die Gläser. „Das dauerte länger als geplant, weil es sehr schwierig war, die passenden Ersatzteile noch zu bekommen“, erläutert Susanne Muhlert. In fünf Wochen sollen die Arbeiten (Kosten: 12.000 Euro) nun aber beendet sein.
Michael Reiner