So erlebte eine Nürnberg-Fürther Familie das Derby
Gute Laune und friedliches Frotzeln rund ums Stadion: Die Franken feierten ihren Fußball-Klassi- ker. Gekämpft wurde nur auf dem Rasen.
NÜRNBERG Lukas lächelt stolz. Der 13-Jährige Club-Fan hat gerade sein erstes Derby im Stadion erlebt und sein FCN hat gewonnen. Er steht neben seinem etwas mumpfligen Opa Günter (73). Der ist Kleeblatt-Fan. Er hat „bestimmt schon ein Dutzend Derbys gesehen und bei diesem hier hat der FCN erst in den letzten 15 Minuten ansehnlichen Fußball gespielt“.
Dann aber bessert sich Opas Laune – es gibt ja schließlich noch ein Rückspiel. Und so wichtig ist ihm dieses eine Match dann auch wieder nicht. „Das erste habe ich vor 50 Jahren gesehen. Das war damals im Zabo. Aber da war ich noch kein Kleeblatt-Fan. Das kam erst mit der Zeit.“
Denn damals musste er mit seiner Neutralität für die Balance in der Familie sorgen. Sein ältester Sohn, Dietmar (48) ist nämlich Club-Fan, sein jüngster, Christoph, liebt das Kleeblatt. Aber jetzt hat er alle Neutralität aufgegeben und ist durch und durch auf Grün-Weiß eingestellt. Das brachte ihn gestern zwar eine Niederlage ein, aber auch den Trost von seinem Enkel. Oder war’s nur Mitleid?
Zusammen mit Opa Günter und Lukas sind dessen Vater, Anton (43) mit Dorit (43) und Günters Sohn Christoph (41) mit Katrin (38) zum Spiel gekommen, eine Nürnberg-Fürther Fußball-Familie, eingepackt in grün-weiße und rot-schwarze Schals.
Die sich natürlich den 252. Klassiker nicht entgehen lässt. Wie 46.237 andere fränkische Fußball-Fans auch. Doch bis die alle ihre Sitze in ihren Blöcken im Stadion erreichen, vergeht einige Zeit – in der viel passieren kann. Aus Angst vor Randale wurde die Anreise der Fans von der Polizei so geregelt, dass die Fürther mit der U-Bahn bis Nürnberg-Langwasser fahren sollten, die Nürnberger dagegen mit der S-Bahn bis zum Stadion.
Die Realität sieht anders aus. In Fürth ist die U-Bahn noch grün-weiß, ab der Nürnberger Station Muggenhof rot-schwarz durchsetzt. Die Fan-Farben leuchten sich feindselig über dicke Jacken hinweg an. Aber die Stimmung in den U-Bahnzügen bleibt friedlich – auch nach dem Spiel. Nur ein Verletzter war zu beklagen, doch der war selber schuld: Stockbetrunken ist er über seine eigenen Füße gestolpert und hat sich beim Sturz das Gesicht verletzt. Der Höhepunkt der Fußball-Feindschaft sind misstrauische Blicke und leises Getuschel über „die da drüben“.
Getuschelt wird in der Nürnberg-Fürther Fan-Familie nicht. Man ist die Lokal-Rivalität gewohnt, frotzelt sich routiniert gegenseitig an. „Ist das nicht schön, dass es jetzt wieder ein Derby gibt?“, fragt Katrin scheinheilig die „Absteiger“ Anton und Lukas. Der schießt zurück und fragt bissig: „Wie ham euch Fürthern die letzten Spielminuten gfalln? Da ham wir scho gefeiert!“ Auf dem Weg zurück zur U-Bahn, mitten im Tross der Fans, zieht Katrin ihr versöhnliches Familien-Fazit: „Am Schönsten bei uns ist ja, dass es immer einen gibt, der sich Freude kann.“Martin Mai
Wie die Polizei den Sonntagnachmittag erlebte, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Montag, 24. November-