Skrupellose "Urlaubsbegleitung" bringt Senior (74) um 380.000 Euro

Per Kleinanzeige findet ein 74-Jähriger seine neue "Urlaubsbegleitung" - diese allerdings erleichtert den verheirateten Mann um 381.610 Euro. Am Montag beginnt in Nürnberg der Prozess gegen die Frau.
von  Helmut Reister
Meist zahlte der Senior in bar auf das Konto seiner Urlaubsbegleitung ein. (Symbolbild)
Meist zahlte der Senior in bar auf das Konto seiner Urlaubsbegleitung ein. (Symbolbild) © Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Nürnberg - Ihren 29. Geburtstag, der nur ein paar Tage zurückliegt, hat Andrea M. im Gefängnis feiern müssen. Sie sitzt in U-Haft. 130 Fälle von Betrug und ein paar passende Dokumenten-Fälschungen wirft ihr die Staatsanwaltschaft vor.

Spannender als die juristisch-staatsanwaltschaftliche Bewertung ihres Beziehungsmodells mit einem 40 Jahre älteren Geschäftsmann ist die Frage, wie sie ihn derart erbarmungslos betrügen konnte. Am Montag beginnt vor dem Nürnberger Landgericht der Prozess.

Seine Suche per Kleinanzeige nach einer Urlaubsbegleitung hat den verheirateten Geschäftsführer einer GmbH & Co Verwaltungs KG den Ermittlungen zufolge am Ende 381.610 Euro gekostet. In der Anklageschrift sind die Zahlungen an seine "Urlaubsbegleitung" einzeln aufgeschlüsselt.

Lebender Geldautomat für Urlaubsbegleitung

Der Grund, warum der Geschäftsmann seinen Verstand über Nacht komplett über Bord warf, wird in der Anklageschrift nicht genannt. Entnehmen kann man ihr aber, dass es schnell ging. Im Mai 2017 hatte er Andrea M. kennengelernt, vier Wochen später war er für sie bereits ein lebender Geldautomat. Bis Juni 2020 spuckte er wunschgemäß die Scheine aus - per Überweisung auf ihr Konto, auf das ihres Freundes, über Zahlungsdienstleister, aber meist in bar.

Skrupel, wie die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen feststellte, kannte die gelernte Hotelkauffrau offenbar nicht. Dringender Finanzbedarf wegen ihrer Krebserkrankung und einer notwendigen OP in den USA war eines von vielen Märchen, die sie ihm auftischte. In dieser Hinsicht war Andrea R. offenbar sehr einfallsreich - und er glaubte ihr alles.

Senior plündert das Konto seiner Frau

Für die drei Jahre dauernde "Urlaubsbegleitung" plünderte er nicht nur sein eigenes Konto. Als Geschäftsführer bediente er sich auch von den Konten der GmbH & Co. Verwaltungs KG, einer weiteren Firma und dem seiner eigenen Frau, für das er eine Vollmacht besaß. So war es ihm möglich, auch 40.000 Euro oder Summen in ähnlicher Größenordnung auf die Schnelle und bar zur Verfügung zu stellen.

Zu den "Spielchen" von Andrea M. gehörten auch gefälschte Kontoauszüge und Vereinbarungen, in denen es um Millionensummen ging. Damit wollte sie nach Überzeugung der Ermittler den Eindruck erwecken, dass sie das Geld ohne Schwierigkeiten zurückzahlen könne. Überzeugen konnte sie damit nicht nur ihren mittlerweile 74 Jahre alten Urlaubsbegleiter.

Angeklagte täuscht Leukämie vor

Zur Anklage gehört auch noch ein zweiter Komplex, der 2019/2020 eine Zeit lang parallel dazu lief, und in dem gefälschte Kontoauszüge ebenfalls eine Rolle spielten. In diesem Fall weinte sie sich bei einer Internet-Bekanntschaft über ihre angebliche Leukämie-Erkrankung aus. Nach mehreren Treffen mit ihr war der Mann laut Staatsanwaltschaft 15.490 Euro los.

Das Landgericht plant mit zwei Verhandlungstagen. Lassen sich die Richter von der Anklage der Staatsanwaltschaft überzeugen, sieht es für Andrea M. mit einer Party zum "Runden" im nächsten Jahr schlecht aus.

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