Skigebiete in Bayern mit düsteren Aussichten: "Wir sind auf das Skifahren angewiesen"

Wandern und Rodeln statt Skifahren? Einige Gebiete in Bayern stellen sich um und setzen auf Alternativen. Sie bleiben zuversichtlich – trotz Klimawandel
von  Leonie Fuchs
Dünne Pistengaudi am 26.12.23 in Ruhpolding. Der Klimawandel zeigte sich auch im letzten Winter durch milde Temperaturen im Freistaat. (Archivbild)
Dünne Pistengaudi am 26.12.23 in Ruhpolding. Der Klimawandel zeigte sich auch im letzten Winter durch milde Temperaturen im Freistaat. (Archivbild) © imago

Garmisch - Eine Studie des Deutschen Alpenvereins über die Auswirkungen des Klimawandels auf den bayerischen Alpenraum prognostizierte schon 2013 düstere Aussichten: Auf lange Sicht seien in Bayern trotz Beschneiungsmaßnahmen nur drei Skigebiete schneesicher: das Fellhorn und das Nebelhorn im Allgäu sowie die Zugspitze. Ein Grad plus reiche schon, damit ein Berg nicht mehr als schneesicher gelte.

Im vergangenen Winter war es in Bayern so warm wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert: Mit milden 3,3 Grad Celsius war er im Schnitt noch wärmer als der bisherige Rekordwinter 2007, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) im Februar mitteilte.

Wie bereiten sich die bayerischen Skigebiete auf die neuen Gegebenheiten vor? Die AZ hat bei einigen nachgefragt.

Am Jenner wird nun auf "sanfte Wintersportalternativen" gesetzt

Vor allem niedrig gelegene Skigebiete hatten in der Vergangenheit mit dem Schwund der weißen Pracht zu kämpfen. Schmale weiße Pisten in grüner Umgebung und Skifahrer, die braunen Flecken ausweichen – diese Bilder waren auch in der letzten Saison zuhauf vorzufinden.

Einige Anbieter mussten deshalb vorzeitig die Saison beenden, andere machten dicht.  Am Jenner im Berchtesgadener Land ist der klassische Skibetrieb beendet worden. Dieser konnte nur noch durch Kunstschnee aufrechterhalten werden, wie das Gebiet in Schönau am Königssee erklärte.

Heuer soll der Fokus dort auf "sanften Wintersportalternativen" liegen (AZ berichtete). Seit dem ersten Adventswochenende können Menschen dort rodeln, Schneeschuh- und Winterwandern. Auch Skifahren ist möglich, wenn man den Berg mit Tourenski besteigt.

"Wir müssen uns touristisch komplett neu ausrichten"

Auch Gregor Matjan, Vorstand von Ruhpolding Tourismus, setzt sich mit den neuen Herausforderungen durch den Klimawandel auseinander. Im Tal des bekannten Biathlon-Weltcup-Austragungsortes verwendet man Kunstschnee, wie er der AZ sagt. Oder man greift auf Schneedepots zurück.

In der Saison 2025/26 sollen in der Gemeinde eine Kunstschneeloipe und ein Beschneiungsteich entstehen. Bislang musste das Wasser zur Beschneiung aus einem Fluss entnommen werden. Das soll sich nun ändern, damit kostengünstiger Schnee produziert werden kann.

Am Western- und am Unterberg, den beiden örtlichen Skigebieten, wird ebenso künstlich beschneit. Doch auf lange Sicht, mit schwindendem Schnee, sei Skifahren mit hohen Investitionen in die Infrastruktur verbunden. "Wir müssen uns touristisch komplett neu ausrichten und versuchen, Ganzjahresangebote in den Vordergrund zu stellen", sagt Matjan. Geplant sei dort etwa, Wanderwege auch im Winter zu präparieren oder mehr auf Wellnessangebote zu achten.

Auch über Alternativen zum Langlauf wird nachgedacht: Auf Rollerblades auszuweichen könne eine Option sein. Kunststoffloipen seien ebenfalls im Gespräch. Letztere seien in der Anschaffung jedoch teuer und generell nicht sehr umweltfreundlich. Das Skifahren auf Plastikmatten, wie es in der Vergangenheit in Oberaudorf ausprobiert wurde (AZ berichtete), hat sich im bayerischen Alpenraum noch nicht durchgesetzt.

Spitzingsee: "Wir sind auf das Skifahren angewiesen"

Liftbetreiber weiteten jüngst ihr Angebot jedoch aus. Lifte werden genutzt, um Mountainbiker auf den Berg zu bringen. Am Kolbensattel sollen auf der Rodelbahn Alpine Coaster künftig auch Fahrten im Winter möglich sein. Im Allgäu hat die Alpspitzbahn Nesselwang einen schwimmenden Kletterpark auf einem Speicherteich für Schneekanonen eröffnet. 

Derartige Erschließungen sorgten auch für Kritik. Die Berge dürften nicht zum Disneyland werden, hieß es vor allem von Naturschützern. Antonia Asenstorfer, Vorstandsmitglied vom Verband Deutscher Seilbahnen sowie Sprecherin der Alpen-Plus-Partner, hält derartige Entwicklungen für "gute Zusatzangebote in schneeärmeren Zeiten", wie sie der AZ sagt. Ohne Winterbetrieb gehe es derzeit jedoch nicht.

Asenstorfer spricht für die Skigebiete Brauneck, Spitzingsee-Tegernsee, Sudelfeld, Wallberg. "Wir sind auf das Skifahren angewiesen." Davon seien regionale Arbeitsplätze abhängig.

"Wir haben alle keine Glaskugel, mit der wir in die Zukunft schauen können. Wir sehen, dass die Herausforderungen durch den Klimawandel größer werden." Es gebe aber auch Studien, die Mikroklimata betrachten und auch weiterhin günstige Bedingungen für die Winter in niedrigeren Lagen wie etwa am Spitzingsee vorhersagen. "Es wird weiter Winterbetrieb geben, durch eine Mischung aus Natur- und Kunstschnee", ist Asenstorfer überzeugt.

Skitour am Spitzingsee. (Archivbild)
Skitour am Spitzingsee. (Archivbild) © Sabine Dobel/dpa

Nachfrage in den Alpengebieten bleibt hoch

Garantiert ist auch heuer nicht, dass genug Schnee für die gesamte Saison fällt, dennoch ist die Nachfrage in den Gebieten ungebrochen hoch. "Unsere Alpen-Destinationen melden insbesondere für die Weihnachtsferien eine gute bis sehr gute Buchungslage", teilt Oswald Pehel, Geschäftsführer des Verbandes Tourismus Oberbayern München (TOM), auf AZ-Anfrage mit.

In allen Regionen werde optimistisch auf die kommende Saison geblickt. Die Wintergäste nutzten ein "breites Spektrum von Winteraktivitäten", beispielsweise Langlauf, Rodeln, Winterwandern. Auch Kulturgenuss und Kulinarik, Städteausflüge und Spitzensport-Events zählten hierzu. "Mit dieser heterogenen Ausrichtung ist Oberbayern nicht nur auf Schneesicherheit ausgerichtet", so Pehel.

Immerhin müssen sich Gäste auf Deutschlands höchstem Berg über Schneesicherheit vorerst keine Gedanken machen. Auf der Zugspitze ist die Ski-Saison bereits eröffnet worden. Fürs kommende Wochenende meint es Frau Holle mit den bayerischen Bergen (und den Skiliebhabern) gut: Der Wetterdienst hat Schneefall vorhergesagt.

So teuer ist heuer der Skipass

Die Skipässe werden teurer. Aufgrund der allgemeinen Kostensteigerung in vielen Bereichen – etwa Energie und Personal – sei eine Erhöhung nicht vermeidbar, teilte der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS) mit. Die Preissteigerung bleibe im Schnitt unter drei Prozent.

Eine Übersicht der Preise in ausgewählten Gebieten. Sie gelten für einen Erwachsenen pro Tag.

  • Hocheck: 29,50 Euro.
  • Unternberg: 32 Euro.
  • Steinplatte und Winklmoosalm: 54  Euro für beide Gebiete.
  • Zugspitze: 66 Euro.
  • Garmisch-Classic: 64 Euro.
  • Sudelfeld: 51 Euro.
  • Brauneck: 51 Euro.
  • Spitzingsee: 49 Euro.
  • Oberjoch: 49,80 Euro.
  • Balderschwang: 42 Euro.
  • Großer Arber: 32 Euro für vier Stunden.
  • Oberstdorf: 65,80 Euro.

 

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