Skifahren in Bayern: Regional fahren, länger bleiben

Beim Skifahren auf den ökologischen Fußabdruckachten: Experten geben Tipps für nachhaltigen Wintersport in Bayern.
von  Anne Wildermann
Rasant geht es die Piste hinunter: Das Skiegebiet Sudelfeld in Bayrischzell ist etwa 80 Kilometer von München entfernt und ist eines der größten Bayerns. Bei 31 Kilometern weitläufigen Abfahrten findet jeder den Schwierigkeitsgrad, der zu ihm passt.
Rasant geht es die Piste hinunter: Das Skiegebiet Sudelfeld in Bayrischzell ist etwa 80 Kilometer von München entfernt und ist eines der größten Bayerns. Bei 31 Kilometern weitläufigen Abfahrten findet jeder den Schwierigkeitsgrad, der zu ihm passt. © Fotos: Moritz Attenberger

München - Der Winter steht vor der Tür und mit ihm die Weihnachtszeit - die Hauptsaison zum Ski- und Snowboardfahren. Egal ob Viel- oder Gelegenheitsfahrer: Bereits mit einfachen Dingen kann jeder etwas zum Klimaschutz und zum Erhalt der Winter-Berglandschaften beitragen: Statt den eigenen Pkw für die An- und Abreise zu nehmen, einfach mal auf öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen umsteigen etwa.

Das empfiehlt auch Manfred Scheuermann vom Deutschen Alpenverein, zuständig für naturverträglichen Wintersport und nachhaltigen Tourismus im Ressort "Naturschutz und Kartografie". Dem schließt sich Oswald Pehel, Geschäftsführer beim Verband Tourismus Oberbayern München, an. "80 Prozent der CO2-Emissionen werden bei der An- und Abreise produziert. Eine gute Alternative ist das BRB-Kombiticket mit inkludiertem Skipass."

Kurze Anreise, langer Aufenthalt: So geht nachhaltiger Ski-Spaß in Bayern

Ein weiterer Aspekt für mehr Nachhaltigkeit: "Wenn die Skitouristen länger bleiben, dafür weniger Tages- oder Halb-Tagestouren machen", ergänzt Scheuermann. Das hat Vorteile. "Wer länger bleibt, kann sich auch besser erholen und bekommt eher einen Einblick in Kultur und Natur der besuchten Region."

Auch weitentfernte Gebiete wie Ischgl oder Südtirol müssen es nicht immer sein. Scheuermanns Tipp: die nähere Umgebung erkunden wie das Allgäu oder die Chiemgauer Alpen. Pehel empfiehlt die drei Gebiete Brauneck-Wegscheid, Spitzingsee-Tegernsee und Sudelfeld in Oberbayern. "Diese haben sich zum Verbund 'Alpen Plus' zusammengeschlossen. Es findet ein stetiger Wissensaustausch zum Thema ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit statt."

Diese Skigebiete in Bayern lohnen sich

Brauneck-Wegscheid, bayerische Voralpen: Alle Anlagen der Brauneck-Bergbahnen werden laut Tourismus Oberbayern München mit Ökostrom betrieben. Für eine bedarfsgenaue Verteilung des Schnees wird zur Messung der Schneehöhe Satellitentechnik verwendet. "Es wird nicht mehr beschneit als nötig", so Pehel. Die Abwärme der Kabinenbahn beheizt die Gastro-Bereiche, wodurch 10.000 Tonnen Heizöl pro Jahr eingespart werden. Eine Photovoltaikanlage deckt den Strombedarf des Verwaltungsgebäudes fast vollständig.

Spitzingsee-Tegernsee und Sudelfeld, ebenfalls bayerische Voralpen: Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist gut machbar. Zusätzlich gibt es in beiden Skigebieten jeweils kostenlose Skibusse - auch zwischen den Talstationen.

Grasgehren am Riedbergpass, schwäbischer Landkreis Oberallgäu: "Trotz kleinräumiger Beschneiung wird dort vor allem Naturschnee genutzt, den es am Riedbergpass dank günstiger topographischer Bedingungen noch eine Weile geben wird", sagt Scheuermann. Naturverträgliche Winterwanderungen, Ski- und Schneeschuhtouren werden integriert, Ranger informieren zum Natur- und Landschaftsschutz. Eine Ausnahme: Nur an Weihnachtstagen wird mit künstlichem Schnee nachgeholfen, um den Skibetrieb zu garantieren.

Naturschutz wird bei Grasgehren am Riedbergpass groß geschrieben.
Naturschutz wird bei Grasgehren am Riedbergpass groß geschrieben. © dpa

Breitenberg bei Pfronten, Landkreis Ostallgäu: Dort setzt man ganz auf Naturschnee. Selbst wenn am Berg nicht ausreichend natürlich gefallener Schnee liegt, bleiben die Lifte geschlossen. Nur im "Skizentrum" in Talnähe gibt es Beschneiung. Geräumte Winterwanderwege, Aussichtspunkte mit Schautafeln, Holzliegen zum Sonnen, gastliche Berghütten, eine Naturrodelbahn, die schon bei 50, 70 Zentimeter Schnee befahrbar ist, sind Alternativen zum Skifahren. Im Vergleich: Eine Skipiste in dieser Höhenlage braucht mindestens 1,5 Meter Schnee, um in Betrieb genommen zu werden.

Die Region Ochsenkopf, zwischen Warmensteinach, Fichtelberg und Bischofsgrün in Franken: mehr als zehn Abfahrtspisten und an die 100 Loipenkilometer. Ab Mitte Dezember fährt die gerade umgebaute Seilbahn am Nordhang wieder. "Es wird 40 neue, barrierefreie Kabinen geben, die von der Talstation im Bischofsgrüner Fröbershammer innerhalb einer Stunde rund 1 600 Gäste auf den Gipfel bringen", sagt Jörg Hentschel, Referent der Geschäftsführung beim Tourismusverband Franken. Der Südgipfel ist erst ab Dezember 2024 mit ebenfalls 21 neuen Gondelkabinen erreichbar. Wer oben angekommen ist, der soll laut Hentschel einen Happen im Gipfelrestaurant "Asenturm" essen und das Winter-Panorama genießen.

Großer Arber, Ostbayern: Dort wird "innovativ und effizient beschneit. Ausschließlich mit gesammeltem Schmelz- und Regenwasser", sagt Ulrike Eberl-Walter, Pressereferentin vom Tourismusverband Ostbayern. Ein weiterer Clou: Das Gebiet am Großen Arber wird vollständig aus der eigenen Solaranlage sowie mit Wasserstrom versorgt. Auch diese Ski-Region ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Eberl-Walters Tipp: "Das 'Guti', Gästekarte und Fahrschein in einem, schont zugleich den Geldbeutel."

Der Große Arber im Bayerischen Wald wird mit Erneuerbaren Energien versorgt.
Der Große Arber im Bayerischen Wald wird mit Erneuerbaren Energien versorgt. © dpa

Warum Schneekanonen nicht so umweltschädlich sind wie gedacht

Für ständige Diskussionen und erhitzte Gemüter sorgt der Einsatz von Schneekanonen. Schließt sich Nachhaltigkeit bei diesen Maschinen aus? Pehel erklärt, warum das nicht sein muss: "Es werden nur Wasser und Druckluft verwendet, keine chemischen Zusätze. Das Wasser gelangt wieder in den natürlichen Kreislauf zurück." Außerdem sei die Wasserentnahme streng geregelt und garantiere ausreichende Pegelstände. "Es wird nur an Tagen mit entsprechend geringer Temperatur produziert und beschneit."

Fast 700 Seilbahnen gibt es in Bayern: Betrieben werden sie hauptsächlich mit Ökostrom

Auch Seilbahnen können Nachhaltigkeit. Das bestätigt Antonia Asenstorfer, zweite Vorstandsvorsitzende des Verbandes Deutscher Seilbahnen (VDS), auf AZ-Anfrage. Sie erklärt: "Nachhaltigkeit basiert auf drei Säulen: der sozialen, ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit. Diese sind eng miteinander verknüpft und werden bei den Seilbahnen als Ganzes gedacht." Ökonomisch steigern Seilbahnen die Wirtschaftskraft, verhindern Abwanderung.

Außerdem sorgen sie mit ihren "Lenkungsfunktionen" dafür, dass Skifahrer auf den vorgegebenen Pisten und Wegen bleiben, eben nicht querfeldein durch Natur- und Landschaftsschutzgebiete fahren. Für die Pflege und Erhalt sind die Seilbahnenbetreiber verantwortlich. Zuletzt seien Seilbahnen vor allem inklusiv, "für jedermann", betont Asenstorfer.

An die 700 Seilbahnen gibt es laut Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im Freistaat. Diese werden nach Angaben des VDS vorrangig mit Ökostrom betrieben, der beispielsweise aus Kleinwasserkraftwerken stammt wie bei der Jenner-Gondelbahn am Königssee, Berchtesgadener Land. Novum: Seit November 2021 gibt es eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von bis zu 85 kW. Mit dieser autarken Variante werden einige Bereiche der Bergbahn mit Strom versorgt.

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