Skandal um Selbstmord: Staatsanwalt ermittelt im Nürnberger Gefängnis!
David S. (23) fügte sich in seiner Zelle mit einer Rasierklinge schwere Schnittverletzungen zu. Der Dienst habende Arzt gab einem Sanitäter telefonisch Tipps für die Behandlung der Wunden.
NÜRNBERG Musste eine Häftling (23) der Justizvollzugsanstalt (JVA) Nürnberg sterben, weil der Dienst habende Arzt zu bequem war? Dieser Frage geht die Staatsanwaltschaft nach, die gegen den Mediziner ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet hat. Ermittelt wird darüber hinaus auch noch gegen einen Sanitäter der Haftanstalt sowie zwei Wachtmeister.
Das Drama in der Gefängniszelle spielte sich in der Nacht zum 16. Juli ab. David S., ein Armenier, der wegen schweren Raubes in U-Haft saß, hatte sich mit einer Rasierklinge an beiden Handgelenken und im Bereich der Ellenbogen schwere Schnittverletzungen zugefügt. Dann jedoch schien er von seinem selbstmörderischen Plan Abstand zu nehmen und betätigte den Notruf.
Die Situation eskalierte
Zwei Justizbeamte, gegen die jetzt wegen möglicher unterlassener Hilfeleistung ermittelt wird, sollen daraufhin nur die Klappe an der Zellentür geöffnet und einen Blick auf den stark blutenden Mann geworfen haben, der dringend um Hilfe bat. Nach AZ-Informationen dauerte es eine geschlagene halbe Stunde, bis endlich ein Sanitäter erschien. Der wiederum verständigte um 3.10 Uhr telefonisch den Dienst habende Arzt, der zu diesem Zeitpunkt daheim war. Per Ferndiagnose, so der gegenwärtige Stand der Ermittlungen, erteilte er dem Sanitäter die Anweisung, die Wunden mit Klammerpflastern zu versorgen. Die Situation eskalierte.
Als David S. noch während der Versorgung der Verletzungen in Bewusstlosigkeit fiel, rief der Sanitäter um 3.44 Uhr erneut bei dem JVA-Arzt an, der es nach wie vor nicht für notwendig erachtete, persönlich zu erscheinen. Stattdessen verständigte ein Beamter den BRK-Notarzt. Als der knapp zehn Minuten später erschien, war David S. tot. Die Obduktion ergab, dass er an den Folgen des starken Blutverlustes gestorben war.
„Bedauerlichen Vorfall“
Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg sagte am Montag zur AZ: „Wir versuchen herauszufinden, ob das Leben des Häftlings bei einer anderen Vorgehensweise hätte gerettet werden können – und wer gegebenenfalls für seinen Tod verantwortlich ist.“
Hans Welzel, der Chef der JVA, sprach gegenüber der AZ von einem „bedauerlichen Vorfall“, wollte sich wegen der laufenden Ermittlungen aber nicht weiter dazu äußern. hr
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