Skandal im Zoo: Delfine unter Drogen
Tierschützer stellen fest, dass den Tieren dort Psychopharmaka gegen Angstzustände verabreicht worden sind
NÜRNBERG Nach Akteneinsicht im Delfinarium des Tiergarten Nürnberg sind Biologen des Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) geschockt: Die Delfine würden regelmäßig mit Psychopharmaka und Antibiotikum behandelt. Die Medikamentenliste sei lang und weise über 20 Medikamente aus.
38 Nürnberger Delfine hätten seit Bestehen des Delfinariums im Jahr 1971 den Tod gefunden. WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller sagt: „Die tiermedizinischen Unterlagen des Nürnberger Delfinariums lesen sich wie der Bericht einer Intensivstation.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte die Stadt Nürnberg verurteilt, die Akten offen zu legen, nachdem Tierschützer dies jahrelang vergeblich gefordert hatten. Die Delfin-Akten würden eine regelmäßige Verabreichung von Diazepam ausweisen, einem verschreibungspflichtigen Psychomarmaka gegen Angst- und Spannungszustände, das nur in geringer Einzeldosis und wegen seines Suchtpotentials nicht fortlaufend verabreicht werden dürfe, so das WDSF.
Innerhalb von vier Monaten seien beispielsweise dem nierenkranken Delfin Jenny 145 mg Diazepam verabreicht worden. Der Delfin Anke erhielt bei einem Transfer von Holland nach Nürnberg im Frühjahr eine Höchstdosis von 30 mg Diazepam und Antibiotika. Anke muss sich bei diesem Transport stark verletzt haben. In dem Tiergarten-Bericht heißt es: „Anke hat sich beim Fangen hinter dem Blasloch, kaudal (anatomische Richtungsbeschreibung: "zum Schwanze hin", Anm. d. Red.) an der Finne (blutet am meisten), am rechten Flipper und an der Fluke aufgeschlagen.“
Die vom WDSF eingeschaltete Staatsanwaltschaft soll nun prüfen, ob das Delfinarium geschlossen werden muss. „Hier scheinen alle Entscheidungsträger vom Tiergartendirektor bis hin zur zuständigen Tierärztin versagt zu haben“, sagt Ortmüller.
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