Sind Sie eigentlich gut genug geschützt?

NÜRNBERG Diese Woche starb im Münchner Klinikum Großhadern ein 26-Jähriger an Masern. Masern? War das nicht jene Kinderkrankheit, die sogar laut WHO (Welt Gesundheits-Organisation) in Europa ab 2010 eliminiert sein sollte? Die Abendzeitung sprach mit Dr. Alice Schaffer, Expertin für Infektionskrankheiten im Gesundheitsamt Nürnberg, worauf die Franken jetzt besonders achten müssen.
Was sind Masern, wie verlaufen sie?
Eine hoch ansteckende Viruserkrankung (so genannte „Tröpfcheninfektion“), die häufig mit heftigem Husten beginnt und von hohem Fieber begleitet wird, bevor nach drei bis sieben Tagen der sprichwörtliche rote Ausschlag auftritt. Warum werden Masern als Kinderkrankheit bezeichnet? Weil - vor allem früher – häufig Kinder betroffen waren. Der Begriff darf nicht zum falschen Schluss führen, dass es sich um eine harmlose Erkrankung handeln. Bei Erwachsenen ist der Verlauf oft heftiger.
Was macht sie so gefährlich?
Masern werden immer wieder von schweren Komplikationen begleitet: Mittelohrentzündung (5-15 Prozent), Lungenentzündung (1-10 Prozent) und Gehirnentzündung (1-5 Promille der Erkrankten). Auch die „normale“ Erkrankung ist mit sehr hohem Fieber und großer Schwächung des Patienten verbunden und eine langwierige Angelegenheit. 2009/10 erkrankten in Bulgarien 24.000 Menschen an Masern – 24 starben daran.
Wie schützt man sich vor Ansteckung?
Zwei Impfungen (1. ab neun Monaten, 2. frühestens vier Monate später, kann aber jederzeit nachgeholt werden) schützen in der Regel lebenslang vor Ansteckung. Wer (als Kind oder später) Masern hatte, kann sie kein zweites Mal bekommen. Was bedeutet MMR- (oder MMRV)-Impfstoff? Geimpft wird mit abgeschwächten Krankheitserregern zur Immunisierung gegen die drei häufigen Viruserkrankungen Mumps, Masern und Röteln auf einmal. Neuerdings gibt es noch den Schutz gegen Windpocken (Varizellen) dazu.
Wie betroffen sind Nürnberger?
In München gab es heuer schon über 100 Masernerkrankungen, 2010 waren es in Bayern 219 Fälle. Nürnberger sind viel weniger betroffen: 2010 war ein Schüler an einer Nürnberger Schule erkrankt. Heuer Jahr gab es noch keinen Fall.
Welche Folgen hat das deutsche „Infektionsschutzgesetz“?
Es gestattet nach einem Erkrankungsfall in einer Gruppe (Schule, Kindergarten) anzuordnen, dass Nicht-Geimpfte bis zu zwei Wochen zu Hause bleiben müssen. Wer einmal geimpft ist, kann die fehlende zweite Impfung sofort nachholen. Allerdings: Es besteht keine Impfpflicht in Deutschland.
Warum wird zur Impfung geraten?
Wenn 95 Prozent der Bürger doppelt geimpft sind, gilt die Krankheit als ausgerottet. Man spricht von Herden-Immunität: Einzelerkrankungen können keine nennenswerte Ansteckungsrate mehr auslösen. In Bayern waren 2009 94 Prozent der Erstklässler erst-, 86 Prozent zweitgeimpft.
Was bewegt Impfgegner?
Es gibt zwei Argumentationsstränge: Manche halten mehr vom Schutz durch das Durchstehen der Erkrankung. Außerdem werden Nebenwirkungen des Impfens befürchtet. Besonders die Gefahr einer Hirnhautentzündung – Impfbefürworter halten sie für sehr selten (Wahrscheinlichkeit 1: 1 Million), Gegner des künstlichen Immunisierens sprechen von 1:10.000 – wird angeführt. Der Verdacht, Masernimpfungen könnten Behinderungen wie Autismus auslösen, konnten nie erhärtet werden.
Welche Impfungen sonst noch nötig sind, lesen Sie in der Printausgabe der AZ vom3. Mai.