Simulant? Da wird Tiger Schauer richtig sauer
Lang, lang ist’s her: Am 7. Januar 2007 trug Stefan Schauer zum letzten Mal das Tigers–Trikot. Dann folgte eine Ärzte-Odyssee und 3 Operationen: Seit über einem Jahr ist er daher nur Zuschauer. Aber er glaubt an ein Comeback.
NÜRNBERG Der Countdown läuft, dass Playoff-Fieber steigt – und Nürnbergs Puckjäger samt ihrer großen Fan-Gemeinde fiebern dem Saison-Höhepunkt entgegen. Nur bei einem Eistiger will so recht keine Freude aufkommen: Stefan Schauer, der – wie schon letztes Jahr – wieder mal zum Zuschauen verdammt ist.
„Klar ist der Frust groß, der kommt bei jedem Spiel hoch“, gesteht der 25-Jährige. „Letzte Saison nicht dabei, jetzt wieder nicht. Und gerade mit dieser super Mannschaft. Die Jungs sind wirklich eine starke Einheit und die Titelchancen so groß wie noch nie. Da wurmt es gewaltig, wenn man nicht dabei sein kann.“
Unendliche Geschichte
Schauers Zwangspause – eine fast schon unendliche Geschichte, ein langer Leidensweg. Am 7. Januar 2007 feierte der Verteidiger mit den Noris-Cracks und 7400 Fans einen 5:1-Heimsieg gegen Straubing – bis heute sein letzter DEL-Auftritt. Was folgte, waren mittlerweile drei Nasen-Operationen, dazwischen das Pfeiffer’sche Drüsenfieber, eine Ärzte-Odyssee – und vor allem die quälende Ungewissheit über nahezu ein ganzes Jahr, wie und ob es überhaupt mit der Eishockey-Karriere weitergeht. „Ich bin vielleicht 40000 Kilometer getourt, war bei zig Ärzten und HNO-Spezialisten“, so Schauer.
Doch erst letzten November wurde endlich festgestellt, warum permanente Schwindelanfälle und Gleichgewichtsstörungen Schauer bis heute außer Gefecht setzen: Ein abgesplittertes Knochenstück hatte sich in der Stirnhöhle festgesetzt, die dadurch sehr stark vereiterte. „Das war ein richtig dicker, fester Klumpen und nur sehr schwer zu entfernen“, erzählt Schauer, der bis dahin „keine Ahnung hatte, was da in meinem Kopf steckt, weil ja keiner etwas festgestellt hatte.“ Erst Tiger-Arzt Daniel Kirchner kam dem Übel auf die Spur. Schauer: „Ihm muss ich ein dickes Kompliment machen.“
Beißt sich durch
Schauer hat an seiner Erkrankung schwer zu knabbern, aber: „Es ist ein Schicksalsschlag, den man hinnehmen und wegstecken muss“. Aufgeben war nie ein Thema, „an ein Ende meiner Karriere habe ich keinen Gedanken verschwendet. Auch wenn es mir oft schwer gefallen ist, selbst den normalen Alltag zu bewältigen.“ Geärgert hat ihn, dass er wegen der späten Diagnose „viel Zeit verloren hat“. Richtig enttäuscht aber war Schauer darüber, dass man ihm zum „eingebildeten Kranken“ gemacht hat. Dass etliche Ärzte ihm ein psychologisches Problem attestierten, viele Leute ihn als Simulanten abstempelten. „Es gab einige Breitseiten. Das hat mich schon sehr belastet und auch richtig sauer gemacht.“
Aber nicht nur das. „Es ist ja auch eine existenzielle Sache“, sagt Schauer, der im September 2006 seinen Vertrag mit den Ice Tigers vorzeitig bis 2010 verlängerte, aber im Krankenstand seit Monaten kein Gehalt mehr bezieht. Und auch die Berufsgenossenschaft hat noch nicht abschließend über Ausgleichszahlungen entschieden. Stefan: „Aber meine Familie greift mir unter die Arme. Und auch der Verein hat mir geholfen.“
Dennoch: Schauer, bis zu seinem K. o. Leistungsträger der Eistiger und fester Bestandteil der Nationalmannschaft, ist wieder voller Optimismus. „Nach der letzten OP bestand Hoffnung für die Playoffs, aber dann kam nochmal eine Stirnhöhlen-Entzündung. Aktuell wird es leider nichts mehr – jetzt arbeite ich auf die nächste Saison hin.“
Auf dem Eis steht er noch nicht. Aber mit leichten Fitness-Übungen, Joggen, Radeln, Stabilisations- und Gleichgewichts-Training arbeitet er verbissen an seinem Comeback. „Noch bin ich nicht beschwerdefrei. Aber ich bin auf einem guten Weg und glaube an ein Happy End.“
Michael Rupp
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