Siemens-Wut: Jetzt beginnt der Kampf um die Jobs!

Die Auftragsbücher sind voll, die Kollegen stocksauer: Die IG Metall will die 560 geplanten Entlassungen in den sieben Nürnberger Werken verhindern.
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Kündigen Widerstand an: Nürnbergs IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler (re.) und Betiebsrat Gerald Eberwein.
bayernpress 3 Kündigen Widerstand an: Nürnbergs IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler (re.) und Betiebsrat Gerald Eberwein.
„Wir sind kampfbereit! Entlassungen werden wir nicht hinnehmen“: Betriebsrat Norbert Glas.
bayernpress 3 „Wir sind kampfbereit! Entlassungen werden wir nicht hinnehmen“: Betriebsrat Norbert Glas.
Das Siemens-Werk in der Nürnberger Humboldtstraße.
bayernpress 3 Das Siemens-Werk in der Nürnberger Humboldtstraße.

Die Auftragsbücher sind voll, die Kollegen stocksauer: Die IG Metall will die 560 geplanten Entlassungen in den sieben Nürnberger Werken verhindern.

NÜRNBERG Ratlosigkeit, Fassungslosigkeit, Entsetzen. So fasste Betriebsrats-Chef Klaus Leiteritz die Stimmung unter den 3000 Mitarbeitern im Siemens-Werk Moorenbrunn zusammen. 200 müssen wohl gehen. Gestern informierte die IG Metall bei Betriebsversammlungen alle 9120 Siemens-Beschäftigten in Nürnberg über die angekündigten Entlassungen. 560 Stellen will Konzern-Chef Peter Löscher hier insgesamt streichen. Die Gewerkschaft kündigte Widerstand an. Der Kampf um die Siemens-Jobs hat begonnen!

Streiks wird es derzeit nicht geben. Sie sind immer das letzte Mittel

„Hier werden gesunde Strukturen langfristig zerstört“, warnte Nürnbergs IG Metall-Chef Jürgen Wechsler. „Durch den Stellenkahlschlag geht die Innovationsfähigkeit verloren. Und auch die Abwicklung von Aufträgen leidet darunter.“

Dabei sind die Bücher aller sieben Nürnberger Standorte voll. „Wir haben 100 Prozent mehr Aufträge“, sagt Norbert Glas, Betriebsrats-Chef bei den Turbinen-Bauern in der Frankenstraße. In den letzten Jahren wurde die Belegschaft um 250 auf 700 aufgestockt. Jetzt sollen 30 Kollegen entlassen werden. „Dabei bräuchten wir mehr Leute“, sagte er. Und stellte klar: „Wir sind kampfbereit! Entlassungen werden wir nicht hinnehmen!“

Allerdings wird die Gewerkschaft jetzt noch nicht zu Streiks aufrufen. „Das immer das letzte Mittel“, so Wechsler. Aber die gewerkschaftlichen Folterwerkzeuge zeigte er gestern schon mal. „Sobald die erste Kündigung auf dem Tisch liegt, werden wir keiner einzigen Überstunde und keinem Einsatz von Leiharbeitern mehr zustimmen.“ Und ohne das Okay des Betriebsrats geht gar nichts. Das kann sehr schmerzhaft werden.

„Ohne Überstunden und Leiharbeit würde bei uns der Betrieb gar nicht funktionieren. Wir haben zu wenige Mitarbeiter am Standort“, berichtete Betriebsratschef Gerald Eberwein aus dem Werk in der Vogelweiherstraße (Industrieantriebe, 3000 Mitarbeiter) Die 50 geplanten Entlassungen will er nicht hinnehmen. Ebenso wenig wie Betriebsrat Leiteritz aus Moorenbrunn. Im Bereich Automatisierungstechnik und elektrische Antreibe sei man weltweit das Maß der Dinge. „Es sind die Wettbewerber, die sich an uns orientieren. Es ist unverständlich, dass man so einen Standort angreift.“

Die besten Mitarbeiter heuerten schon bei der Konkurrenz an

Auch bei den Nürnberger Standort-Bossen wollen die Gewerkschafter Unverständnis für die Spar-Entscheidungen aus der Konzern-Zentrale vernommen haben. „Offen gibt das keiner zu. Aber ich habe noch kein Unternehmen erlebt, bei dem nach der Ankündigung eines Stellenabbaus so viel Ratlosigkeit geherrscht hat“, so Wechsler. Doch intern würden die Chefs die Rotstift-Vorgaben lieber durch andere Spar-Maßnahmen als Entlassungen erreichen. „Das würden wir voll unterstützen“, so Wechsler.

Doch soweit sind die Pläne noch lange nicht. Noch regiert die Angst. „Die ersten Kollegen haben gekündigt und sind nun bei Wettbewerbern“, sagt Edwin Majoor aus dem Werk Humboldtstraße. „Das sind nicht die Schlechtesten.“

Der Ausverkauf droht. Auch deshalb will OB Ulrich Maly (SPD) schnell einen Termin bei Siemens-Boss Löscher – um die Jobs in Nürnberg zu retten. Michael Reiner

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