Siebenjähriger im Kreis Mühldorf gestorben: Breitet sich das Borna-Virus aus?

Schuld ist als Überträger die Feldspitzmaus. Im Kreis Mühldorf scheint die Krankheit derzeit vermehrt vorzukommen. Dort starb ein Bub (7).
von  Leonie Fuchs
Aufgrund auffällig vieler Borna-Virusinfektionen im Landkreis Mühldorf, starten jetzt mehrere wissenschaftliche Untersuchungen. (Symbolbild)
Aufgrund auffällig vieler Borna-Virusinfektionen im Landkreis Mühldorf, starten jetzt mehrere wissenschaftliche Untersuchungen. (Symbolbild) © Uwe Anspach/dpa

Mühldorf - Die Borna'sche Krankheit (BoDV-1) kommt laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) nur sehr selten vor. Aktuell (Stand August 2022) liege die Zahl identifizierter humaner Fälle bundesweit bei etwas mehr als 40, wie das LGL auf AZ-Anfrage mitteilt. Über 90 Prozent der Betroffenen stammen dabei aus Bayern. Im Jahr 2021 steckten sich hierzulande insgesamt sieben Personen an, fünf kamen aus dem Freistaat.

Studien sollen neue Erkenntnisse bringen

Im westlichen Teil des Landkreises Mühldorf am Inn erkrankten seit 2019 gleich drei Menschen – darunter ein Kind – an dem lebensgefährlichen Borna-Virus, der von Tieren übertragen wird. Wie kommt das?

Mehrere Studien in dem Landkreis sollen nähere Erkenntnis über die Situation vor Ort, mögliche Ansteckungswege sowie die Zahl infizierter Feldspitzmäuse bringen, teilte das Landratsamt Mühldorf am Inn kürzlich mit.

Das LGL plant demnach mit dem Universitätsklinikum Regensburg eine Untersuchung in der Gemeinde Maitenbeth, wo zwei der drei Fälle auftraten. Vor dem Hintergrund der sonst sehr seltenen Erkrankung seien die drei Fälle in dem Kreis verhältnismäßig häufig, so das LGL weiter zur AZ.

Krankheit ist eigentlich eine Tierseuche

Unter den Infizierten befand sich ein Bub (7), der laut Medienberichten nun gestorben ist. Er wurde am Mittwoch in der Gemeinde beerdigt. Das LGL und das Landratsamt machten hierzu "zum Schutz des Persönlichkeitsrechtes der Betroffenen und deren Angehörigen" keine Angaben.

Die Borna'sche Krankheit wird laut LGL von Feldspitzmäusen übertragen und ist als Tierseuche bekannt, wurde aber in den letzten Jahren auch als Ursache schwerer Gehirnentzündungen beim Menschen identifiziert. Die Forschung zu BoDV-1 beim Menschen stehe erst am Anfang. Überhaupt sei erst seit 2018 bekannt, dass das Virus auf den Menschen übertragbar sei, so das Landesamt zur AZ.

Fast alle Infektionen enden tödlich

Ein Großteil der erkrankten Personen litt demnach zu Beginn an Kopfschmerzen und Fieber. Innerhalb weniger Tage sei es zu neurologischen Symptomen gekommen, dann zu einer Entzündung des Gehirn-Gewebes. Bis auf drei Fälle, die mit schweren Folgeschäden überlebten, seien alle Betroffenen an der Borna-Infektion gestorben.

In Maitenbeth wurden die Bürger im Rahmen der Studie bereits zur freiwilligen Abgabe einer Blutprobe und eines Nasenrachenabstrichs sowie dem Ausfüllen eines Fragebogens aufgerufen. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, ob es neben den oft tödlich verlaufenden Gehirnentzündungen andere Formen einer Infektion gibt, die milder oder ohne Symptome verlaufen. Dazu wird unter anderem das Blut auf Antikörper untersucht.

Erste Forschungsergebnisse für Herbst erwartet

Ende Juli starteten zudem zwei weitere Untersuchungen. Das Friedrich-Loeffler-Institut als Bundesforschungseinrichtung für Tiergesundheit nimmt derzeit die dortige Spitzmauspopulation genauer unter die Lupe. Und ein Team des Uniklinikums Regensburg will an 30 Stellen Umweltproben nehmen. Diese werden auf Viren untersucht, die über Ausscheidungen der Feldspitzmaus in die Umwelt gelangen und somit einen möglichen Übertragungsweg darstellen könnten. Erste Ergebnisse sollen schon in diesem Herbst veröffentlicht werden.

"Das Tempo, mit dem in den vergangenen Wochen wichtige Entscheidungen zur Durchführung dieser Studien gefallen sind, ist beeindruckend. Das zeigt, wie groß der Wille auf allen Ebenen ist, die Situation in Maitenbeth genau zu analysieren", sagt Landrat Max Heimerl (CSU).

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