Sieben Senioren in Miesbach tot: Wenn die Impfung zu spät kommt
Von einem traurigen Zufall spricht Sophie Stadler vom Miesbacher Landratsamt. Denn dort ist die Impfung gegen das Coronavirus für etliche Bewohner eines Pflegeheims wohl zu spät gekommen.
In der Senioreneinrichtung seien 41 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden, wovon 34 geimpft waren. Sieben geimpfte Bewohner und ein weiterer seien inzwischen gestorben, teilte die Kreisbehörde am Dienstagabend mit. Auch 24 Mitarbeiter seien erkrankt - an den Zahlen habe sich auch am Mittwoch nichts geändert, wie Stadler auf AZ-Anfrage ergänzt.
Opfer waren wohl schon zum Zeitpunkt der Impfung infiziert
Die Behörde erklärt die Erkrankungen trotz der Impfung damit, dass die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen der Infektion und dem Auftreten der ersten Symptome, zwischen zwei Tagen und zwei Wochen liege. "Aufgrund des engen zeitlichen Abstands zwischen Impfung und Ausbruch ist davon auszugehen, dass sich die Geimpften bereits zum Zeitpunkt der Impfung angesteckt hatten", hieß es.
Der volle Impfschutz entfalte sich erst sieben Tage nach der zweiten Impfung. Die erste Impfdosis, die die Bewohner erhielten, hat nach Auskunft der Impfstoffentwickler wohl keinen Einfluss auf den Verlauf der Infektion. "Für die Geimpften kam die Impfung also zu spät." Voraussichtlich Ende dieser Woche sollen die Geimpften in den Heimen die zweite Dosis erhalten.
Verschwörungstheoretikern soll der Wind aus den Segeln genommen werden
Die Kreisbehörde will nach eigener Darstellung mit der Information über die Todesfälle möglichen Verschwörungstheorien begegnen. Den Bürgern solle so die Möglichkeit gegeben werden, "sich selbst mit den Informationen auseinanderzusetzen, bevor man sich an wilden Spekulationen beteiligt", so das Landratsamt.
In einer weiteren Pflegeeinrichtung im Landkreis Miesbach wurden zehn Bewohner und neun Mitarbeiter positiv getestet. Auch hier erkrankten drei geimpfte Bewohner. "Dass nun ausgerechnet in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gleich zwei Einrichtungen betroffen sind, ist wohl leider ein trauriger Zufall", sagte Stadler.
Welche Rolle spielt das Impfpersonal? "In beiden Einrichtungen war größtenteils dasselbe Personal des Impfteams vor Ort. Das Personal wird jedoch täglich getestet. Es gab bisher keinen positiven Befund. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Teams, die die Einrichtungen zum Schutz der Bewohner nur mit Ganzkörper-Schutzausrüstung betreten, das Virus in die Einrichtungen getragen haben", so die Schlussfolgerung.
Infektionsketten sind nicht nachzuvollziehen
Weiß man, wie das Virus ins Heim kam? Stadler zur AZ: "Nein. Der Fokus liegt aber momentan sowohl beim Gesundheitsamt, als auch bei den Verantwortlichen vor Ort, darauf, die Infektionsketten zu unterbrechen." Das Landratsamt stellt sich schützend vor die Heimbetreiber: "Es ist nicht fair, einen Zusammenhang zwischen der Qualität der Einrichtung und einem möglichen Ausbruch zu ziehen. Alle Beteiligten geben ihr Möglichstes, Infektionsketten zu unterbrechen und eine weitere Ausbreitung in den Einrichtungen zu verhindern", heißt es in der Mitteilung.
Bislang haben laut Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 62 Prozent der Heimbewohner in Bayern ihre Erstimpfung erhalten. Das gleiche gelte für 34 Prozent des Personals.
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