„Sie haben gewonnen“ - von wegen!
Die Nürnbergerin Margarethe Barth (63) hoffte auf den Gewinn ihres Lebens – und fiel auf die Abzocke eines europaweit tätigen Betrügers rein.
NÜRNBERG Margarethe Barth hatte es noch nie leicht im Leben: Von Geburt an leidet sie an einem Sprachfehler, zu 80 Prozent schwerbehindert steht in ihrem Ausweis und zuhause hat sie ihren kranken Lebenspartner zu pflegen. Kurz: Das große Glück ist bislang regelmäßig an der 63-jährigen Nürnbergerin vorbeigeschrammt – und wenn es dann doch mal kommt, dann greift man natürlich zu.
So wie im November letzten Jahres. Da flatterte der Seniorin ein Brief von einem Wiener Anwalt ins Haus. In dem hochoffiziell wirkenden Schreiben und im besten Amtsdeutsch verkündete der Jurist, dass sie gewonnen habe: 100.000 Euro, sogar Datum und Ort der Übergabe waren festgelegt. Einzige Voraussetzung: Frau Barth sollte innerhalb von zwei Tagen 50 Euro als Bearbeitungsgebühr überweisen.
Eigentlich hätte die Rentnerin hier schon stutzig werden müssen. Aber wer im Leben immer nur Pech hat, will sich die vermeintlich große Chance auf den Jackpot nicht entgehen lassen. Sie zahlte also – und war damit dem Betrüger auf den Leim gegangen. Wie nur ein sehr genaues Studium des mehrseitigen Briefs ergibt, hatte die Geprellte mit den 50 Euro lediglich ein „Antragsrecht für die unmittelbare Sofortauszahlung von 100.000 Euro“ erworben. Einfach ausgedrückt: Nichts als heiße Luft. Margarete Barth will das nicht wahrhaben, „Ich bin total verzweifelt, stammelt sie fast den Tränen nahe, „da stand doch, dass ich gewonnen habe.“
„Diese unseriösen Gewinnversprechen nehmen überhand“
Eben nicht, sagt Petra von Rhein, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern. Der Fall der Barths ist für sie die typische Abzocke. Der Jurist, dessen Name den Briefkopf prägt ist nämlich Friedrich Müller. „Den kennen wir seit Jahren“, so von Rhein, „vor dem haben wir schon so oft gewarnt.“ Dennoch würden immer wieder Menschen wie Margarethe Barth auf seine üblen Tricks hereinfallen. „Das muss sich wahnsinnig lohnen.“
Tatsache. Denn „diese unseriösen Gewinnversprechen nehmen immer mehr überhand“, sagt Bayerns Verbraucherministerin Beate Merk (CSU). Die Verbraucherzentrale hat die dubiosen Schreiben jetzt erstmals gesammelt und analysiert. 2000 Briefe kamen zusammen, zwei Waschkörbe voll. Vor allem ältere Menschen fallen auf diese Abzocke herein – sie lassen sich von den offiziell-anmutenden Schreiben schnell in die Irre führen.
Besonders perfide: Für die Betrogenen besteht laut Expertin von Rhein „überhaupt keine Chance“ auf den Gewinn oder wenigstens die Rückerstattung ihres Geldes. Zwar laufen gegen Friedrich Müller schon diverse Verfahren. Aber der Mann bzw. die Firma ist kaum zu fassen. In den Briefen ist immer nur ein Postfach in Wien angegeben. Von Rhein hat deshalb auch nur einen Tipp für Margarethe Barth: „Wenn sie wieder so einen Brief bekommen, schmeißen Sie ihn ungeöffnet in den Papierkorb.“ kk
Wie Sie sich vor dubiosen Gewinn-Abzockern schützen können, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Freitag, 30. Januar.
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