Show-Girl und Eisprinzessin
NÜRNBERG - Das Bardentreffen-Finale mit Alphorn und New Wave bleibt ohne Dampf – aber 2010 wartet das Eisenbahnjubiläum.
Im nächsten Jahr, so viel steht schon mal fest, wird das Bardentreffen deutlich mehr unter Dampf stehen. Denn dann wird das 175-jährige „Adler“-Jubiläum der ersten deutschen Eisenbahnfahrt zwischen Nürnberg und Fürth ins Festival-Programm eingeflochten – mit freier Auswahl zwischen Railroad-Songs (da reicht die Palette von Woody Guthry bis Bruce Springsteen und R.E.M.) und „Schwäbsche Eisebahne“. Eine Vollbremsung legte das diesjährige Festival hin: Selten löste sich die Wolke aus Menschen und Musik so geräuschlos auf, wie nach den finalen Auftritten von Eliana Burki (Schweiz) und Anne Clark (England).
Auf der überlaufenen Insel Schütt wippten eingefleischte Fans und abendliche Flaneure zum pathossatten Sprechgesang der britischen Wave-Ikone mit. Als Hohepriesterin des Weltschmerzes eignet sich Clark aber nur bedingt: reichlich umnebelt, in warmes Rot und kaltes Blau getaucht, klebt sie am Mikro und nickt allenfalls mal den Takt mit. Clark erzählt von Jägern und Gejagten, Erniedrigten und Beleidigten, auch vom „Sleeper in Metropolis“, und bei diesen alten Hits, zu denen die Band zunehmend peitscht und rockt, taut auch die Eisprinzessin allmählich auf. Da endlich pfeifen und hüpfen die um die 40-Jährigen in seliger Erinnerung.
Den Hauptmarkt entvölkerte Eliana Burki als Schlusslicht der Schweizer Offensive. Die Showgirl-Blondine mit Latex-Leggings und High Heels bettete ihren Alphorn-Sound in den grobschrötigen Funk-Rock einer Band, die das Kolossalinstrument mit seiner prustenden Exotik nicht freilegte, sondern einebnete. Immer ins gleiche Horn! Wenn es musikalisch stürmt auf dem Matterhorn, wähnt man sich in einer Schneekugel.
„Es war nicht überragend, aber doch sättigend“, bilanziert Bardentreffen-Organisator Charly Fischer den Eidgenossen-Schwerpunkt. Die Szene Belgiens steht 2010 erneut auf dem Wunschzettel. Die Eisenbahn sowieso. Mit mindestens drei Themen-Konzerten. Das Kronos-Quartett hat sowas im Angebot. Und dann gäbe es ja das „längste Eisenbahnlied der Welt“ mit 1200 Strophen, das im mecklenburgischen Rehna entsteht. Und „Sänk ju for träwelling wis Deutsche Bahn“ wartet ja als Buch-Satire auch noch auf Vertonung. GK/daer
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