Sensation: König Ludwigs letzter Brief aufgetaucht!

War "der Kini" ein Geisteskranker, der entmachtet werden musste und sich anschließend umbrachte? Um das Schicksal des Königs Ludwig II. ranken sich mindestens genauso viele Mythen, wie um seine Märchenschlösser. Ein nun aufgetauchter Brief befeuert die Spekulationen aufs Neue.
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König Ludwigs letzter Brief klingt nicht wie das Schriftstück eines Geisteskranken.
ho König Ludwigs letzter Brief klingt nicht wie das Schriftstück eines Geisteskranken.

Hohenschwangau – Eigentlich sollte Peter Gauweiler nur eine Rede anlässlich des 171. Geburtstages von Ludwig II. halten. Doch dann präsentierte der CSU-Politiker in diesem Rahmen ein Schriftstück, das der Öffentlichkeit bislang völlig unbekannt war. Das Bayerische Staatsarchiv hat aus dem Privatbesitz der Wittelsbacher Ludwigs letzten selbstverfassten Brief erhalten – und der bietet durchaus einige brisante Passagen.

Rückblick: Am 8. Juni 1886 wurde Ludwig II. durch ein Ärzteteam um den Irrenarzt Bernhard von Gudden für "seelengestört" und "unheilbar" erklärt. Einen Tag später versuchte eine Regierungskommission unter der Führung von Friedrich Freiherr von Crailsheim, dem Minister des Äußeren, Ludwig in seinem Schloss Neuschwanstein festnehmen zu lassen, wurde dabei jedoch von der örtlichen Polizei verhaftet und zurück nach München gebracht.

"Denke Dir was Unerhörtes heute geschehen ist!"

Im Nachgang dieser Ereignisse verfasste Ludwig am 10. Juni 1886 das nun bekannt gewordene Schreiben an seinen Vetter Prinz Ludwig Ferdinand. Er berichtet darin:

"Vergib die schlechte Schrift, ich schreibe dieß in höchster Eile. Denke Dir was Unerhörtes heute geschehen ist!! – Diese Nacht kam eilends einer vom Stallgebäude herauf u. meldete, es wären mehrere Menschen (darunter horribile dictu) ein Minister u. eine meiner Hofchargen in aller Stille angekommen [...] wollten mich zwingen nach Linderhof zu fahren, offenbar u. mich dort gefangen zu halten, u. Gott weiß was wohl zu thun, Abdankung zu ertrotzen kurz ein schändliche Verschwörung!"

Wiederum einen Tag später gelang dann die Verhaftung des Königs. Dieses Mal wurde die Regierungskommission von Doktor von Gudden angeführt, der dabei erstmals seit 14 Jahren wieder persönlich auf den König traf. Dieser fragte ihn laut offiziellem Protokoll auch direkt: "Wie können Sie mich für geisteskrank erklären, Sie haben mich ja gar nicht vorher angesehen und untersucht?" Von Gudden antwortete: "Majestät, das war nicht nothwendig; das Aktenmaterial ist sehr reichhaltig und vollkommen beweisend, es ist geradezu erdrückend".

"Dieser Abschaum von Bosheit mich nächtlich überfallen u. gefangen nehmen zu wollen!!!

Anschließend brachte man den König nach Schloss Berg am Starnberger See, am 13. Juni 1886 ertrank der entmachtete Monarch dort unter bis heute mysteriösen Umständen gemeinsam mit Doktor von Gudden. Aus Ludwigs letztem Brief geht hervor, dass man ihn ursprünglich offenbar in Schloss Linderhof internieren wollte. Wäre dies geschehen, so hätte das Schicksal wohl einen anderen Lauf als am Starnberger See genommen.

Vor allem aber offenbart das Schreiben, dass von Guddens Ferndiagnose, der König leide an "Paranoia und Geistesschwäche", wohl kaum haltbar ist. Stattdessen belegt der Brief, dass sich Ludwig II. sehr wohl bewusst war, was um ihn herum geschah und dass er den Staatsstreich als solchen erkannte. Er liefert in seinem Brief sogar eine Vermutung mit, wer hinter einer Intrige gegen den König stecken könnte: "Prz. Luitpold vermuthlich."

Eben jener Luitpold, der als Prinzregent die Nachfolge Ludwigs antrat.

König Ludwigs letzter Brief im Wortlaut:

Theuerster Vetter!

Vergib die schlechte Schrift, ich schreibe dieß in höchster Eile. Denke Dir was Unerhörtes heute geschehen ist!! – Diese Nacht kam eilends einer vom Stallgebäude herauf u. meldete, es wären mehrere Menschen (darunter horribile dictu) ein Minister u. eine meiner Hofchargen in aller Stille angekommen, befahlen meinen Wagen u. Pferde hier (von der oberen Burg) wegzunehmen hinter meinem Rücken, u. wollten mich zwingen nach Linderhof zu fahren, offenbar u. mich dort gefangen zu halten, u. Gott weiß was wohl zu thun, Abdankung zu ertrotzen kurz ein schändliche Verschwörung! Wer kann nur hinter einem solchen Verbrechen stecken, Prz. Luitpold vermuthlich.

Durch Gensdarme u. Feuerwehr, die sich tapfer entgegenstemmen war dieß vorläufig vereitelt. Die Schand-Rebellen wurden arretirt. Behalte dieß Alles bitte vorläufig für Dich. Wie kann aber eine solche Infamitität nur möglich sein!! Bitte forsche selbst u. durch Andere Verlässliche darauf!

Hättest Du so etwas für möglich! gehalten. Schon früher schrieb ich Dir daß ich über absichtlich mit Geld herumgestreute Gerüchte über mich (angebliche Krankheit) an der nicht Sylbe wahr ist p) gehört habe. Es ist zu arg. Es muß Licht in diesen Abgrund von Bosheit kommen! In felsenfestem Vertrauen i. inniger Liebe

Dein

Hohenschw. getreuer Vetter

10. Juni 86 Ludwig

[Ergänzung mit Bleistift:] Dieser Abschaum von Bosheit mich nächtlich überfallen u. gefangen nehmen zu wollen!!!

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