Senioren-Kidnapper: Revision im Geiselnahme-Prozess

TRAUNSTEIN - Im spektakulären Geiselnahme-Prozess von Traunstein bleiben die Gerichtsakten offen. Die Staatsanwaltschaft will die Urteile gegen drei vermögende Rentner und deren Komplizen nicht akzeptieren.
„Wir werden Revision in vollem Umfang einlegen“, sagte Oberstaatsanwalt Günther Hammerdinger am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Einer der Hauptgründe ist, dass drei der Angeklagten nicht wegen Geiselnahme verurteilt wurden“, begründete Hammerdinger die Anrufung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe.
Das Traunsteiner Landgericht hatte den Drahtzieher der Entführung am Dienstag zu sechs Jahren Haft wegen Geiselnahme und den Komplizen zu vier Jahren Gefängnis wegen Freiheitsberaubung verurteilt. Die Ehefrauen kamen mit Bewährungsstrafen davon. Für das Gericht ist es erwiesen, dass der 74 Jahre alte Haupttäter seinen Vermögensberater im Juni 2009 aus Speyer an den Chiemsee entführte und ihn im Keller seines Chieminger Hauses tagelang gefangen hielt.
Auf diese Weise wollte er in einer Art Selbstjustiz rund 2,4 Millionen Euro zurückholen, die der 57-Jährige in den USA für die Rentner-Ehepaare zwar mit hohen Zinsen angelegt, jedoch nicht zurückbezahlt hatte. Das Opfer wurde von der Polizei befreit. Gegen einen ebenfalls angeklagten Arzt kann derzeit nicht verhandelt werden. Der 67-Jährige ist krank. Der 74-Jährige hatte vor Gericht eine Geiselnahme bestritten und lediglich von einer Einladung „für ein paar Tage Urlaub in Oberbayern“ gesprochen.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den Drahtzieher, einen Ex- Bauunternehmer, neun Jahre und für seinen Komplizen sieben Jahre Haft gefordert. Die 64 Jahre alte Ehefrau des verhandlungsunfähigen Mediziners – ebenfalls Ärztin – sollte nach dem Willen der Anklagebehörde fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis, die 80 Jahre alte Frau des Drahtziehers mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davonkommen. Bei allen vier Angeklagten ging die Staatsanwaltschaft von Geiselnahme aus. Ob auch die Verteidiger Revision gegen die Urteile einlegen, war am Donnerstag noch offen.
dpa