Selbstmord: Ist er wirklich schuld am Tod seiner Freundin?

Taxi-Unternehmer (50) schätzte die Situation falsch ein und rief zu spät den Notarzt – am Montag vor Gericht.
NÜRNBERG Tödliches Missverständnis: „Schatzi ich sterbe, komm, ich habe Angst, dass ich mich mit Tabletten vergiftet habe.“ Diesen Anruf seiner lallenden Freundin erhielt der Nürnberger Taxi-Unternehmer Hans B. (50, Name geändert) frühmorgens. Er fuhr sofort zu der Frau (43) nach Langwasser, steckte sie ins Bett – und briet Koteletts. Den Rettungsdienst rief er nicht. Sie starb, während er das Fleisch in der Pfanne wendete.
Wegen unterlassener Hilfeleistung (Höchststrafe: ein Jahr) erhielt der Mann einen Strafbefehl über vier Monatsgehälter (6000 Euro). Der Vorwurf: Nur durch sofortige Hilfe hätte man die Frau unter Umständen retten können.
Hans B. erhob Einspruch vor dem Nürnberger Amtsgericht. „Es geht nicht, dass ich vorbestraft bin“, erklärte er gestern. Auch habe er gar nicht merken können, wie schlecht es um die Frau stand.
„Er sah die Gefahrenlage nicht“, stellte Verteidiger Jürgen Bauch fest. Die Frau habe ihm ja noch gegen 9 Uhr die Türe geöffnet, sei im Wackelgang wieder ins Bett. 13 Beruhigungstabletten hatte sie geschluckt, wie sie ihm noch sagte – mit Alkohol. 2,3 Promille waren im Blut. „Getrunken hat sie häufig und solche Tabletten regelrecht gefressen“, so Hans B., „weil sie depressiv war und Schlafprobleme hatte.“
Im Beipackzettel sei gestanden, bis zu zehn Stück könne man am Tag nehmen. „Aber Sie wussten schon“, so Richterin Ute Kusch, „dass sie sich erst ein Jahr vorher mit Tabletten umbringen wollte?“ – „Für mich hat’s harmlos ausgesehen“, beharrte Hans B.. „Sie hat ja geschnarcht wie ein Brummbär.“ Er fand in der Küche drei aufgetaute Koteletts, „wollte nicht, dass sie schlecht werden“. Vorsichtig habe er sie auf kleiner Flamme gebraten. Zwei Koteletts aß er, das dritte wollte er ihr bringen, da lag sie leblos im Bad. Der von ihm um 10.44 Uhr alarmierte Notarzt stellte den Tod fest. War’s so? Das hätte nur ein Prozess mit Zeugen und Experten ergeben. Deshalb akzeptierte Hans B. ein Urteil über drei Monatsgehälter (4500 Euro), bleibt weiterhin nicht vorbestraft. cis