SEK-Mann: Anklage nach Kontakt mit Reichsbürger?

Ein Beamter muss möglicherweise vor Gericht, weil er mit dem "Reichsbürger" von Georgensgmünd Kontakt hatte - und über dessen Ansichten schwieg. Hätte er das Blutbad verhindern können?
Helmut Reister |
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Das Haus in Georgensgmünd, in dem der 49-jährige "Reichsbürger" vier Polizisten mit Schüssen schwer verletzt hat.
Nicolas Armer/dpa Das Haus in Georgensgmünd, in dem der 49-jährige "Reichsbürger" vier Polizisten mit Schüssen schwer verletzt hat.

Ist ein Polizist immer im Dienst? Wo fängt seine Privatsphäre an? Was darf er für sich behalten? Für einen Beamten (51) des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Nordbayern hängt von den Antworten die berufliche Existenz, möglicherweise sogar eine Haftstrafe ab.

In der vergangenen Woche konnte er tief durchatmen, aber nur kurz. Die Nürnberger Staatsanwaltschaft wollte ihn nach einem tödlich verlaufenen Einsatz-Desaster der Spezialtruppe wegen fahrlässiger Tötung anklagen, das Schwurgericht lehnte die Zulassung jedoch wegen zu dünner Beweislage ab (AZ berichtete).

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diese Entscheidung ließ nur einen Tag auf sich warten. Jetzt muss das Oberlandesgericht entscheiden, ob dem SEK-Mann der Prozess gemacht werden soll.

Zum Verhängnis wurden dem 51-jährigen Beamten aus der Elite-Abteilung seine privaten Kontakte in Form von persönlichen Treffen und SMS-Kontakten zu einem "Reichsbürger" aus Georgensgmünd (Landkreis Roth). Die Bekanntschaft flog im Zuge von Mordermittlungen auf. Im Oktober vergangenen Jahres sollten die über 30 Schusswaffen, die der "Reichsbürger" legal besaß, vom SEK sichergestellt werden. Der Einsatz wurde zum Desaster, als der Mann ohne Vorwarnung durch die geschlossene Türe auf die Beamten schoss. Einer starb, zwei wurden verletzt.

Dieses Blutbad hätte möglicherweise verhindert werden können, argumentiert die Staatsanwaltschaft und schiebt dem SEK-Beamten, der Kontakt zu dem "Reichsbürger" hatte, aber an dem Einsatz nicht beteiligt war, den Schwarzen Peter zu. Er hätte aufgrund seiner privaten Kenntnisse seine Dienststelle auf die Gefährlichkeit seines "Freundes" hinweisen müssen. Die Anklage wegen fahrlässiger Tötung (durch Unterlassen) war die Folge.

Das Landgericht sieht das völlig anders. "Eine Pflicht, diese Umstände (unter anderem Kontakt des mutmaßlichen Schützen zu anderen Personen, welche staatliches Handeln ablehnen, Persönlichkeitsstruktur, Inneneinrichtung) mitzuteilen, bestand nach Auffassung der Kammer nicht", heißt es in einer Erklärung der Justiz.

Seine privat erworbenen Kenntnisse hätten keinerlei Bezug zu einer drohenden Straftat gehabt, er hätte weder vom Polizeieinsatz gewusst, noch "greifbare Befürchtungen" auf den Einsatz von Schusswaffen gehabt. Bei dieser diffusen Ausgangslage, so die Richter, müsse er sein privates Wissen nicht von sich aus preisgeben.

In Polizei- und Justizkreisen wird der Fall heftig diskutiert.

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