Sehnsuchtsleichtes Spiel mit Bedeutung

Das 29. Erlanger Poetenfest begann mit einer hintersinnigen Preisverleihung im Markgrafentheater.
von  Abendzeitung
Erst kommt die Befragung, dann der Preis: Ulf Stolterfoht (li.) und Barbara Köhler im Gespräch mit Michael Braun über die Kunst, Gertrude Stein zu übersetzen.
Erst kommt die Befragung, dann der Preis: Ulf Stolterfoht (li.) und Barbara Köhler im Gespräch mit Michael Braun über die Kunst, Gertrude Stein zu übersetzen. © Erich Malter

NÜRNBERG - Das 29. Erlanger Poetenfest begann mit einer hintersinnigen Preisverleihung im Markgrafentheater.

Gertrude Stein ist ein Phänomen: Fast jeder kennt ihren Satz „(Eine) Rose ist eine Rose ist eine Rose“, manche wissen um ihren Einfluss auf Picasso und Hemingway. Doch selbst in Literatur-Kreisen ist ihr revolutionärer Ruf größer als die Kenntnis ihres dichterischen Werks, wo der Witz nicht im Inhalt steckt, sondern in der Form. Sie nimmt die Worte auseinander, schafft lautmalerische Zusammenhänge, hält den Sinn ihrer Zeilen bewusst offen.

Dass die Lyriker Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht Steins Mehrfach(be)deutungungen spielerisch ins Deutsche retten, macht sie zu idealen Trägern des mit 5000 Euro dotierten „Erlanger Literaturpreises für Poesie als Übersetzung“. Die Verleihung im Markgrafentheater war zugleich der Auftakt des 29. Poetenfests. Deshalb zitierte Erlangens OB Siegfried Balleis zunächst stolz die Wochenzeitung Die Zeit, die Erlangen als „poetische Spielwiese“ feiert und den Schriftsteller Ingo Schulze („Woodstock der Literatur“), bevor er an den Literaturkritiker Michael Braun übergab.

Der entlockte den sympathisch bescheidenen Team-Arbeitern, wie sie sich alleine und gemeinsam an Steins Lyrik abrackerten, die Autorin manchmal auch „an die Wand klatschen“ hätten wollen, sie heute noch wichtig fürs Dichten halten. Augenzwinkernd und mit Gespür für Rhythmus lasen sie aus ihren Übersetzungen („Wie man seine Art gewinnt“, „Zarte knöpft“ und „Abel“), dazwischen tupfte die wunderbare Susie Asado (Josepha Conrad hat sich für ihr Pseudonym bei Stein bedient) mit zwei Kollegen Songs zu Stein-Gedichten hin, so sehnsuchtsleicht und hintersinnig, dass die Dichterin selbst mit diesem Abend rundum zufrieden hätte sein können. Georg Kasch

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