Seehofer-Entscheidung: Doch (noch) kein Showdown bei der CSU
München - Alle wichtigen Medien der Republik drängelten sich am Donnerstag vor dem Sitzungssaal der CSU-Landtagsfraktion in Erwartung einer halbwegs historischen Entscheidung über einen Machtwechsel an der CSU-Spitze. Doch es geschah – nichts. Überraschend früh nach Beginn der Sitzung verkündete Fraktionsvorsitzender Thomas Kreuzer: Die Entscheidung wird auf die erste Dezemberwoche vertagt.
Am Abend gab’s dann doch eine faustdicke Überraschung: Als eine Art Personalfindungsausschuss oder Ältestenrat soll ein Quartett bestehend aus Parteichef Horst Seehofer, Landtagspräsidentin Barbara Stamm sowie den beiden CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber (76) und Theo Waigel (78) eingesetzt werden. Die zwei älteren Herren dürfen also noch mal ran. Das hat schon was heynckes-mäßiges – und andernorts zu Erfolg geführt.
Vor diesem Donnerstag hatten viele in der CSU die Backen ziemlich aufgeblasen, nicht zuletzt Parteivorsitzender und Ministerpräsident Horst Seehofer selbst. Er werde auch etwas zu den "zerstörerischen Absagen" der vergangenen Wochen sagen, hatte er gedroht. Und aus der Fraktion hieß es, man wolle Seehofer jetzt endlich zu verbindlichen Äußerungen über seine Zukunft veranlassen. Doch nichts dergleichen geschah.
Möglicherweise hatte Seehofer kurz vor der Sitzung mit seinem Hauptwidersacher, Finanzminister Markus Söder, ein Stillhalteabkommen geschlossen. Seehofer ließ das zu Beginn der Fraktionssitzung durchblicken. Er habe mit Söder "intensiven Kontakt" gehabt. "Es wird Zeit, dass die CSU wieder zu alter Geschlossenheit zurückkehrt", sagte Söder: "Das kann heute gelingen".
Eigentlich war erwartet worden, dass Seehofer schon am Donnerstag einen Vorschlag unterbreiten würde, mit welcher Personalaufstellung die CSU in das Landtagswahljahr 2018 gehen sollte. "Heute Abend wird alles klar sein", versprach Seehofer noch am Mittag. Zwei Stunden später war klar: Es würde am Abend eben nicht klar sein, wer künftig CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident sein soll.
Stattdessen eine neue Frist: Anfang Dezember soll der CSU-Vorstand einen Vorschlag für das neue CSU-Personaltableau unterbreiten. Dann ist es noch gut eine Woche bis zum CSU-Parteitag, ein Termin, den niemand mehr verschieben kann und zu dem Klarheit geschaffen sein muss.
Zwischenzeitlich glaubte der Bayerische Rundfunk, im Besitz dieser Klarheit zu sein. Seehofer wolle Parteichef bleiben und Söder Ministerpräsident werden, meldete der Sender. Eine "typische Falschmeldung", dementierte Fraktionschef Kreuzer. "Man fühlt sich langsam an amerikanische Verhältnisse erinnert".
Das neue Quartett – die Fraktion erfuhr davon nichts
Söder habe nicht den Eindruck erweckt, als hätte er das Ministerpräsidentenamt schon in der Tasche, urteilte ein Teilnehmer. Hinter verschlossenen Türen hatte Seehofer den CSU-Landtagsabgeordneten am Nachmittag offenbar glaubhaft versichert, dass er sich in den nächsten elf Tagen ernsthaft um eine Gesprächslösung bemühen würde. Vom Zorn über die Querschüsse aus der Heimat zu Zeit der Sondierungsgespräche sei nichts zu merken gewesen, so ein Teilnehmer. Seehofer habe ausschließlich in Harmonie gemacht und erklärt, er wolle auf die vergangenen Wochen nicht eingehen.
Auch aus dem Söder-Lager – kein böses Wort. Söder selbst sprach nach der Sitzung von einem "wichtigen Beitrag zur Geschlossenheit". Das Treffen der CSU-Landtagsabgeordneten sei geprägt gewesen von dem allseitigen Bemühen, "Vertrauen zurückzugewinnen".
Söder: Lösung im CSU-Machtkampf in den kommenden Tagen
Der Machtkampf in der CSU soll nach den Worten von Bayerns Finanzminister in den kommenden Tagen endgültig gelöst werden. "In zehn Tagen circa soll dann weißer Rauch aufsteigen und ein geschlossenes und einiges Ergebnis zum Parteitag präsentiert werden", sagte Söder am Donnerstagabend im ZDF-"heute-journal". Die CSU sei keine gespaltene Partei und es gebe auch keine unterschiedlichen Lager, versicherte er. Es gebe jedoch viele, die sich Sorgen um die Zukunft der CSU machten.
Das Kriegsbeil, wenn nicht begraben, so doch beiseitegelegt wurde auch in der zweiten Reihe. Der CSU-Sicherheitspolitiker Florian Herrmann hatte sich schon vor der Sitzung bei Wirtschaftsministerin Ilse Aigner für die Bezeichnung "Möchtegern" entschuldigt. In der Sache aber blieb Herrmann dabei, dass die Aigner-Idee einer Mitgliederbefragung über den Spitzen- und Ministerpräsidentenkandidaten der Partei nichts taugt.
Am Abend dann die Idee mit dem Personalfindungs-Quartett. Davon hatte Seehofer in der Landtagsfraktion kein Sterbenswörtchen gesagt – Anlass für neuen Zoff in der CSU?