Schwere Schädel-Hirn-Traumata und mehrere Brüche: So gefährlich kann Mountaincart sein
Berchtesgaden/Bad Aibling - Mit Karacho den Berg hinab? "Kein Alkohol und eine gute Einweisung sind Voraussetzung", so lautet die Devise von Marco Kruis, der in Berchtesgaden Mountaincarts zum Verleih anbietet. Mehrere Schwerverletzte gab es heuer bereits auf der Roßfeld-Höhenringstraße, bestätigt die Polizei.
Schwere Schädel-Hirn-Traumata und mehrere Brüche ‒ die Polizei hat bei Mountaincarts einiges an Erfahrung, sagt ein Beamter der Polizeiinspektion Berchtesgaden.
"Multiple Verletzungen" haben sich zwei junge Männer am Samstag zugezogen: Begeistert sind die Beamten von den Mountaincarts daher nicht, seitdem sie auf den alpinen Straßen Berchtesgadens unterwegs sind.
Trendsport Mountaincart: "Natürlich ist jeder für sich selbst verantwortlich"
Ohne Motor rollt man auf dem Dreirad die Straße hinunter. Das Erlebnis ist ein anderes als mit dem Fahrrad. Ein adrenalinversprechendes. "Natürlich ist jeder für sich selbst verantwortlich", sagt der Verleiher, der im Vorfeld eine "ausführliche Einweisung erteilt und eine Bedienungsanleitung" gibt.
Seit Juli vergangenen Jahres verleiht Marco Kruis die Mountaincarts auch für den Einsatz auf der Roßfeldstraße. Die Westauffahrt ist beliebt bei Radlern und Autofahrern. Fakt ist: Mehr als sechs Kilometer lang ist der von Kruis gewählte Streckenabschnitt vom Ahornkaser bis zur Mautschranke. Von dort geht es dann weitere Kilometer ins Tal hinab.
"Am vereinbarten Treffpunkt kamen statt aller 18 nur 13 Fahrer an"
24 Karts sind in seinem Bestand, die der Unternehmer an Einzelpersonen, aber auch an Gruppen verleiht. Am Wochenende nutzten Vertreter eines Junggesellenabschieds sowie eine österreichische Landjugend-Gruppe die Gelegenheit. "Am vereinbarten Treffpunkt kamen statt aller 18 nur 13 Fahrer an", sagt Kruis.

Zwei davon waren von der Straße abgekommen, hatten sich laut Polizei im Steilhang überschlagen ‒ und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Kruis fuhr mit dem Rest der Gruppe ins Tal. "Die waren natürlich besorgt und angespannt." Am Salzbergwerk Berchtesgaden endete die Tour schließlich.
"So ein Unfall ist keine schöne Nachricht. Dass was passieren kann, ist mir bewusst. Deshalb kläre ich im Vorfeld auf", sagt er. Zwei der Mountaincarts beschlagnahmte die Polizei am Samstag.
Kruis sagt: "Alle Karts sind TÜV-geprüft und haben keine Mängel." Im vergangenen Jahr habe sich ein Teilnehmer die Schulter gebrochen. Weitere größere Unfälle gab es nicht zu beklagen, so Kruis. Den Verleih der Mountaincarts betreibt der Unternehmer in Berchtesgaden schon seit Jahren:
Früher durfte Kruis damit die im Winter als Rodelbahn genutzte Obersalzberg-Strecke, einen Spazierweg, befahren. "Da hat es allerdings Probleme gegeben", heißt es bei der Polizei in Berchtesgaden. Zu viele Fußgänger und Radfahrer seien dort unterwegs gewesen.
Die Nachfrage ist deutlich gestiegen
Die Info bestätigt Kruis. Bei der Gemeinde entschied man sich schließlich dafür, die Strecke, die laut Polizei häufig für "Drift-Aktionen" missbraucht wurde, nicht mehr zur Abfahrt freizugeben. Kruis bedauert das. Die Nachfrage nach den dreirädrigen Fahrzeugen sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Er entschied sich schließlich für das Roßfeld als geeigneten Austragungsort für seine Mountaincart-Fahrten. "Dass ich dort fahren kann, habe ich im Vorfeld mit der Polizei und der Gemeinde besprochen", sagt er. Die Westauffahrt des Roßfelds sei weniger befahren.
Die Sportgeräte gelten als beliebt. "Sicher. Bewährt. Erfolgreich", heißt es auf der offiziellen Seite des Bad Aiblinger Herstellers. Und weiter: "Die Familienattraktion für Bergbahnen, Almwirte, Eventanbieter."
Tatsächlich sind die Gefährte zwischenzeitlich weit verbreitet. Knapp 70 Destinationen im alpinen Raum auf deutscher, österreichischer und italienischer Seite werben mit den nicht-motorisierten Dreirädern.

"In Österreich gibt es viele Strecken, die eigens dafür ausgebaut sind und deshalb mehr Sicherheit versprechen", sagt Alexander Sommer, Polizeihauptmeister in Berchtesgaden. Auch in Österreich gab es im vergangenen Jahr mehrere Meldungen verunfallter Mountaincart-Nutzer.
"Die Anzahl an Radunfällen ist ungleich höher", hält Unternehmer Kruis dagegen. Auch bei der Polizei bestätigt man, dass sich Fahrradunfälle deutlich häufiger ereignen ‒ aufgrund höherer Nutzerzahlen.
Das sagt der Hersteller zur Sicherheit
Was Räder und Karts aber gemein haben: Sie werden in verkehrsrechtlicher Hinsicht als ein und dasselbe gewertet. Man kann sie ausleihen und damit auf der Straße fahren. Passiert dann etwas, ist der Nutzer eigenverantwortlich, ähnlich einer winterlichen Rodelabfahrt.
Das Mountaincart sei "eines der sichersten Downhill-Geräte überhaupt", heißt es auch vom Hersteller in Bad Aibling auf AZ-Anfrage. Es seien "bei mehr als einer Million Mountaincart-Abfahrten jeden Sommer" im Vergleich "zu Mountainbike-Abfahrten oder Abfahrten mit Downhill-Rollern sehr wenige Unfälle zu verzeichnen". Am Roßfeld seien offenbar "nicht die Sicherheitshinweise beachtet" worden.
Wichtig: Kein Platz für alkoholisierte Fahrer
Vor über 15 Jahren hat das Familienunternehmen das Funsportgerät entwickelt, das eigenen Angaben zufolge weltweit in über 30 Ländern an etwa 150 Verleihstationen eingesetzt wird. Erst in der vergangenen Woche hatte Marco Kruis eine Gruppe von 50 Personen aus Österreich zu Gast.
In zwei Gruppen aufgeteilt ging es ins Tal. Ohne Unfall. Ohne Probleme, sagt er. Wichtig ist dem Unternehmer, zu betonen, dass auf seinen Karts kein Platz für alkoholisierte Fahrer sei. Die Polizei allerdings hatte gemeldet, dass einige der Fahrer am Wochenende unter Alkoholeinfluss standen.
Noch genauer hinschauen
"Ich kläre darüber immer im Vorfeld auf, dass Alkohol verboten ist", sagt Kruis. "Ein Mario Kart am Berg, bei dem man um die Wette fährt, findet bei uns nicht statt." Aber auch hier gelte: "Jeder weiß, wie man sich im Straßenverkehr zu verhalten hat." Der Unternehmer steht nach eigener Auskunft mit der betroffenen Gruppe in Kontakt.
In Zukunft werde er bei größeren Gruppen noch genauer hinschauen, so der Berchtesgadener. Denn oft sei es die Gruppendynamik, von der sich ein oder zwei Leute leiten lassen. "Wenn aber jeder die Regeln befolgt, ist die Tour mit dem Mountaincart genauso sicher wie mit dem Fahrrad."
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